beides bedeutet vergeudetes kapital.«3 Am Ende mündete Loos in der Kritik: »Der moderne mensch verwendet die ornamente früherer und fremder kulturen nach seinem gutdünken. Seine eigene erfindung konzentriert er auf andere dinge.«4 Und in diesem Sinne schätzte er folgerichtig die ›Ornamentlosigkeit‹ als ›zeichen geistiger kraft‹.5 Loos selbst baute amMichaelerplatz in Wien ein ›ornamentloses‹ Haus, das heute als ein wichtiges Werk der Wiener Moderne gewürdigt wird. Der Bautyp und architektonische Aufbau des sog. Looshauses (1910, Abb. 1) ist historischen Auffassungen verpflichtet: Ein Gebäude in Blockrandbebauung mit Sockelgeschoss, symmetrischem Säulenportikus, Fensterachsen, Gebälk- und Dachzone. Allerdings wurden – auf damals skandalöse Weise – die Gliederungselemente auf ihre Grundformen beschränkt und jedwede dekorative Detailform unterdrückt. Am deutlichsten sichtbar ist dies an den Fenstern, die einfach und gerade in die Wände eingeschnitten wurden, keine Rahmungen erhielten und eine typische Lochfassade ausbildeten, wie sie heute in der ›modernen‹ Architektur gewissermaßen Standard sind. In diesem ›Kulturkampf‹, der sich in der Frage des Ornaments zuspitzte, verhärteten sich zusehends die Fronten: Moderne vs. Historismus, Dekorlosigkeit vs. Dekorreichtum bzw. Konstruktion vs. Dekoration. Doch wurde bei der Frage, was hinsichtlich der Dekoration entbehrlich sei, eventuell das Kind mit dem Bade ausgeschüttet? Handelte Loos gedankenlos, als er die Fenster derart formlos gestaltete? Waren die Teile der Fensterrahmung, wie Laibung und Verdachung, wirklich bloß ›Decorum‹ und verzichtbar? Oder wurden nicht solche Verdachungen benötigt, um beispielsweise das Schlagwasser von der Öffnung abzuleiten und waren damit konstruktiv bzw. bauphysikalisch sinnvoll? Oder ist die Sichtbarmachung des Schlagwassers heute Teil der Fassadengestaltung, deren ›fließende Linien‹ der Wasser- und Abb. 1 Adolf Loos: Looshaus Wien, dat. 1910– 1912
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