39 künstlerischen Praxis. Kunstschaffende sprachen davon, etwas »naar het leven« (nach dem Leben) zu malen, was nichts anderes besagte, als dass sie einen Gegenstand abmalten, den sie wirklich vor Augen hatten. Von dieser Wendung leitet sich der Wortteil »leven« her. Das »still« konkretisiert, dass es sich um unbewegliche Gegenstände handelte. Darf man dieser Beschreibung glauben, arrangierten die Maler:innen also wirklich vorhandene Dinge im Atelier und malten sie sodann ab. Eine außergewöhnliche Darstellung von Jan Miense Molenaer (1609/10–1668) scheint diese Vorstellung zu bestätigen und hält die Entstehung eines Stilllebens in idealisierter Weise fest (Abb. 2). Konzentriert mischt der junge Mann in eleganter Kleidung Farben auf seiner Palette, um das aufwendig zusammengestellte Ensemble aus Instrumenten und Schädeln auf die Leinwand zu bannen. Natürlich ist nicht jedes Stillleben nach Originalen entstanden. Vielmehr haben Kunstschaffende im Sinne malerischer Ökonomie auch auf Studienblätter und bewährte Motive zurückgegriffen, um ihre Kompositionen anzufertigen. Das gilt sicherlich in besonderer Weise für Darstellungen von Pflanzen und Tieren, über die nicht immer verfügt werden konnte. Zunächst haben wir es bei »Stillleben« also mit einem Begriff aus der künstlerischpraktischen Sphäre zu tun, der dann zu einer allgemeinen Bezeichnung wurde, die auch in der Kommunikation mit der Käuferschaft nützlich gewesen sein dürfte. Inventare verraten Abb. 1 J OHANNE S HANNOT Stillleben mit Früchten 1654 Öl auf Leinwand 48×63,5 cm Bonn, LVR-LandesMuseum Bonn, 1935.256
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