138 Blütenpracht und Tulpenwahn In einem breiten, runden Weidenkorb steckt eine Fülle aus Frühlingsblühern, Rosen, Nelken, Ranunkeln, Anemonen. Detaillierte Blütenköpfe, mal in voller Blüte, mal in Knospe, alle noch eben im Garten geschnitten. Drei Tulpen mit langen Stielen fallen jedoch etwas müde aus dem Korb. Zwischen den Stäben des filigran gearbeiteten Korbs lugen zarte kleine Blüten hindurch. Oberhalb, im unbestimmten Dunklen des Hintergrunds, kreuzt der Stiel einer hellvioletten Akelei die Blüte einer Jungfer-im-Grünen, ein Schmetterling fliegt herbei, vom vermeintlichen Duft im Bild angezogen. Um eine Tiefenwirkung zu erzeugen, liegen die oberen Blüten im unscharfen Dunkel. Dort, im Unbestimmten, entschwinden geradezu die zinnoberroten, bienenfreundlichen Köpfchen einer Tagetes mit ihren gezackten Blättern, eine damals noch junge Importpflanze aus Mexiko. Solch farbige, leuchtende Prachtfülle war eine recht neue Erfahrung, real und künstlerisch, denn viele der Frühlingsblüher kamen erst über Handelshäuser in höfische Gärten und künstlerische Metropolen wie etwa Antwerpen. In dieser Stadt wurde auch unser Bild gemalt. Es zeigt den Korb auf einer hellen Tischplatte.1 Eine weiße und eine rosafarbene Rosenblüte sowie einen zierlichen weißen Märzenbecher präsentiert es den Betrachtenden, dazu noch einen Marienkäfer und einen rot-schwarz gezeichneten Bienenkäfer. Dazwischen steht eine langstielige, rot geflammte Tulpe. Damals war jene noch immer eine nicht allzu lang bekannte, beliebte Blume in einer bis dahin fast unbekannten Farbstärke.
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