Leseprobe

198 Geld regiert die Welt Der Wandschrank von Franciscus Gijsbrechts (1649– nach 1677) quillt über vor Reichtümern.1 Nachlässig stehen seine bleiverglasten Türen offen. Eine Schublade wurde herausgezogen und gibt ihren Inhalt zu erkennen. Sie ist randvoll mit Gold- und Silbermünzen gefüllt. Offenbar setzt hier jemand alles daran, stolz seinen Besitz vorzuzeigen. Zu inszeniert wirkt die Unordnung, um zufällig entstanden zu sein. Ein wertvolles Dokument mit mächtigem Siegel hängt wie nebenbei über der linken Schranktür. Ihre Metallstrebe bietet einem Stoß Landschaftsgrafiken samt Zeichenfeder Platz. Wo die Blätter die Tür nicht verdecken, lässt sich durch das gesprungene Glas der Inhalt des Schranks begutachten. Der Künstler treibt hier ein raffiniertes Spiel mit den optischen Eigenschaften verschiedener Materialien und führt so seine malerischen Fähigkeiten vor Augen. Der Blick in die rechte Hälfte des Schranks ist unverstellt. Für die ungestörte Betrachtung seines Inhalts garantiert die auffällig positionierte Flöte. Sie blockiert die Schranktür, sodass diese nicht zuschlagen kann. Im Inneren befindet sich nicht nur prunkvolles Silbergerät wie ein Akeleipokal, zwei vergoldete Kannen oder eine aufgestellte Branntweinschale; auch Schreibutensilien gehören zur Ausstattung der kleinen Sammlung. Als wäre gerade ein Schriftstück aufgesetzt worden, lassen sich eine Schreibfeder, ein Stück Siegelwachs und ein Döschen mit Löschsand ausmachen. Der ausgestellte Reichtum ist nicht nur materieller, sondern auch geistiger Natur.

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