61 THE WRONG VAMPIRE! AUS ORLOK WIRD KROLOCK Auch Roman Polańskis 1967 entstandene Genreparodie Tanz der Vampire bedient sich der aus Nosferatu vertrauten Stilmittel und Versatzstücke,31 wenn das Gefährt eines buckligen Gehilfen unerwartet rasant Fahrt aufnimmt oder die Protagonisten eine auffällig drapierte Brücke überqueren müssen, um an ihr Ziel zu gelangen.32 Vorrangig orientieren sich Handlung und Look aber an den beliebten Vampirfilmen der britischen Hammer Film Productions.33 Die Idee zu dem mit Gérard Brach verfassten Drehbuch entstand34 Polański zufolge bei gemeinsamen Kinobesuchen: »Wenn wir uns in Paris zusammen einen Horrorfilm ansahen, konnten wir beobachten, daß sich das Publikum vor Gelächter bog. Warum also nicht einen Film machen, der die Zuschauer bewußt zum Lachen reizte.«35 In diese Richtung weist schon der Auftakt, als der von Jack MacGowran verkörperte Professor Abronsius erst einmal aufgetaut werden muss. Gemeinsam mit seinem tollpatschigen Assistenten Alfred (Roman Polański) ist er ins winterliche Transsilvanien gereist, um nach Beweisen für die Existenz von Vampiren zu suchen. Als in einem Gasthaus die Wirtstochter Sarah (Sharon Tate) entführt und kurz darauf ihr Vater Yoyneh (Alfie Bass) angeblich ein »Opfer der Wölfe« wird, nehmen die skurrilen Vampirjäger die Verfolgung auf. Auf Skiern gelangen sie zur Residenz des Grafen von Krolock (Ferdy Mayne) und mitten hinein in die Vorbereitungen zu einem Fest, an dessen Ende Abronsius dafür verantwortlich ist, dass sich »das Böse, das er für immer zu vernichten hoffte, [...] endlich über die ganze Welt ausbreiten«36 kann. In der englischen Originalversion wirkt jenes Fazit noch pessimistischer, wird es doch von keinem Geringeren als dem Grafen selbst gezogen. Mit der Darstellung des Obervampirs karikierte Mayne den autoritären Habitus von HammerDracula Christopher Lee, dessen getragene Ausdrucksweise der in Mainz geborene Schauspieler um einen überzogenen deutschen Akzent ergänzte. Dass er kaum weniger furchteinflößend agiert als sein Vorbild, ist neben Maynes Ähnlichkeit mit dem Vorbild auch seinem dämonischen Plan geschuldet. Immerhin verkündet von Krolock seinen Gästen mit vielsagender Gestik, eine Weltherrschaft der Vampire anzustreben.37 Obgleich die theatralische Ansprache im Film mit einem lauten Nieser ad absurdum geführt wird, erscheint der deutschstämmige Adlige als überlegener Antagonist, der Abronsius’ Schriften schon vor dessen Ankunft studiert hat und seinen Gast auf diese Weise an der Nase herumführt – man denke nur an die Szene, in der der Professor zum ersten Mal auf den Grafen trifft und sich flügelschlagend um Kopf und Kragen redet. Sehr viel bedrohlicher mutet der Ausblick an, der sich im selben Moment im Hintergrund entfaltet. So werden die Wände des Salons, in dem von Krolock seine Gäste begrüßt, von einprägsamen Details aus Pieter Bruegels Triumph des Todes geschmückt, eines Gemäldes also, das ein wahres Panorama unbarmherzigen Tötens entwirft. Es handelt sich um eine Anspielung, die – wie Quentin Massys’ Bildnis einer grotesken Alten in der Ahnengalerie der Burg – Polańskis Die Vampirjäger beim Überqueren der Brücke in Roman Polańskis Tanz der Vampire, 1967 Obervampir von Krolock (Ferdy Mayne) verkündet in Tanz der Vampire seine Pläne
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