Leseprobe

130 Karl Friedrich Schinkel DER WEINGARTEN VON STEINHÖFEL 52 um 1805 Feder, Wasserfarben, gefirnisst 28 × 43,5 cm (Darstellung) bez. unten: »La Vigne de Steinhöffel«; unten rechts: »Schinckel fecit« Inv.-Nr. Z II 1677 Prov.: Familie von Massow, Steinhöfel Lit.: Fontane 1863, S. 166–167; Börsch-Supan 2007, S. 183–184, Kat.-Nr. 38 Karl Friedrich Schinkel (Neuruppin 1781–1841 Berlin) Schinkel lernt ab 1798 bei den Architekten David und Friedrich Gilly, 1803–1805 folgt eine Italienreise. Bis zum Ende der Napoleonischen Kriege hauptsächlich als Maler tätig, wird er 1810 in der preußischen Bauverwaltung angestellt, wo er schon 1815 zum Geheimen Oberbaurat aufsteigt. In der Folge wird er zum dominierenden Architekten Preußens, welcher durch seine Bauten das Stadtbild nicht nur Berlins prägt. Schloss und Park Steinhöfel waren seit 1790 im Auftrag von Valentin von Massow durch die Baumeister (Vater und Sohn) David und Friedrich Gilly umgestaltet worden. Als einer der frühesten englischen Landschaftsgärten in der Mark Brandenburg sind hier Ideen des in England entwickelten Konzepts der »ornamental farm« rezipiert. Das Schöne ließ sich so mit dem Nützlichen verbinden. Genau diesen Aspekt schildert Karl Friedrich Schinkel hier in zwei Ansichten. Denn es mag ja zunächst etwas verwundern, warum ein Architekt sich angesichts eines doch herausragenden Bauwerks des Frühklassizismus – wie das Schloss Steinhöfel – eher für eine Genre- denn für eine schlichte Architekturdarstellung entscheidet. Ins warme Licht eines Spätsommernachmittags getaucht, erzählt uns Schinkel vom Leben auf Gut Steinhöfel: von Musik und Tanz, von der Weinlese, vom Tragen der schweren Erntekörbe, von der Rast nach getaner Arbeit. Was so genrehaft anmutet, ist also tatsächlich das bildgewordene Programm einer »ornamental farm«. Es ist das friedliche Idyll einer Gemeinschaft, die rege und emsig die Kulisse des (heute nicht mehr erhaltenen) Winzerhauses auf dem Mustergut Steinhöfel bevölkert. Die beiden Blätter gehören vermutlich ins Frühwerk Schinkels; bereits der Dichter Theodor Fontane hatte sie 1862 in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg auf etwa 1805 (gleich nach Schinkels Rückkehr aus Italien) eingeordnet. Denkbar ist aber auch eine noch frühere Datierung: Immerhin lagen bereits seit 1797/1799 fünf Steinhöfel-Ansichten von Friedrich Gilly (vgl. Kat. 51) als Aquatinta-Radierungen vor. Schinkel spinnt die Serie seines verehrten Lehrers weiter, und es liegt nahe, dass auch seine beiden Zeichnungen Vorlagen für den Druck waren. AP Karl Friedrich Schinkel: Das Winzerhaus und Weinlese in Steinhöfel, um 1805, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Inv.-Nr. Z II 1676

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