101 SCHAURAUM IM EINBADVERFAHREN Zwei Jahre später, 1984, hat Thiel, wiederum auf Einladung von Kodak, an der Serie Schauraum gearbeitet. Waren seine früheren Bildfindungen wie bereits erwähnt oft auch dem begrenzten Atelierraum geschuldet, so scheint er die räumliche Enge hier trotz neuem, größerem Studio zum Prinzip erhoben zu haben. Experimentierfeld war der neue EktaflexFilm, der im gleichnamigen Einbadverfahren normalerweise verwendet wird, um von farbigen Durchlichtmedien Prints anzufertigen: »Mit den KODAK EKTAFLEX Produkten können Fotoamateure und Profis hochwertige Vergrößerungen von Dias und Negativen auf einfachste Weise in kürzester Zeit herstellen. Man kann aber auch – und dazu hat KODAK renommierte Fotografen eingeladen – dieses Weiterverarbeitungsmaterial direkt in der 8×10 inch Fachkamera experimentell einsetzen. Eine Art Sofortbildfotografie, bei der man schon nach wenigen Minuten das fertige Ergebnis in Händen hat.«11 Die Ektaflex-Bilder entstanden mit »viel Kunstlicht und teilweise sehr langen Belichtungszeiten. Das macht ihre Brillanz aus. Denn das EktaflexPapier, ursprünglich nur als Vergrößerungspapier gedacht, gibt sich spröde und unempfindlich.«12 Dennoch, oder gerade deshalb: »Die Ergebnisse der fünf Topfotografen Christian von Alvensleben, Hans Hansen, Ingolf Thiel, Gerhard Vormwald und Conny Winter waren so phantastisch, daß der Art Director Fritz Reuter und die Kodak Werbeabteilung daraus die eindrucksvolle und ungewöhnliche Ausstellung ›Ein Fotografisches Experiment auf Kodak Ektaflex – Unikat Prints im Format 8×10 inch‹ realisierten. Ungewöhnlich schon deshalb, weil die 8×10 inch Unikate in 70×100 cm großen ›Objektrahmen‹ gezeigt werden, die neben dem Foto noch wesentliche Bildelemente als reale Gegenstände enthalten.«13 (Abb. 7) Diese Wanderausstellung wurde erstmals Anfang Februar 1984 anlässlich der Jahreshauptversammlung des Bundes Freischaffender Foto-Designer (BFF) in Berlin gezeigt. Während der anschließenden Vernissage am 9. Februar 1984 »in der überfüllten Hamburger PPS-Galerie« veranstaltete Conny Winter ein »Ektaflex-Live-Happening«, die Eröffnung in Stuttgart in der Neuen Staatsgalerie fand am 29. Juni 1984 in Anwesenheit von Ingolf Thiel statt.14 Zu seinen Projektergebnissen bemerkte Thiel auf der Einladungskarte: »Meine Fotoserie heißt ›Schauraum‹ und zeigt Personen, die sich und ihre Gefühle ›ausstellen‹. Die perspektivisch zulaufenden Räume haben die Funktion eines Schaufensters, und die Personen darin erzählen ihre Geschichte. Meine Neugier nach dem Ergebnis war während der Produktion so groß, daß ich es manchmal kaum erwarten konnte, nach 10 Minuten das fertige Bild vorliegen zu haben.«15 5 (v. l. n. r.) Werbeanzeigen für bleyle, um 1978, Louis London, um 1981, Margret Wäsche, 1981 11 Ein fotografisches Experiment auf KODAK EKTAFLEX – Unikat-Prints im Format 8×10 inch (Einladungskarte), »Fresko« Neue Staatsgalerie Stuttgart, 29. 6. 1984; über Ektaflex: Buntes im Bad, in: Der Spiegel, Heft 18 (1981), Ektaflex-Unikate, w&v [Werben & Verkaufen] Nr. 9 (2. 3. 1984), S. 44. 12 Maria Franziska Adelmann: Puppenmenschen in der Bar. Foto-Experimente im Staatsgalerie-Lokal »Fresko«, o. Quellenangabe, 5. 7. 1984, S. 14. 13 Ektaflex. Sofortbild-Fotografien in der PPS-Galerie, in: Kodak Fotografie International, Nr. 30 (1984), S. 27. 14 Vgl. ebd. 15 Ein fotografisches Experiment auf KODAK EKTAFLEX (Einladungskarte), 1984.
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