Leseprobe

100 Optisch-technische Instrumente auf Versteigerungen des Übersiedlungsgutes jüdischer Emigrant*innen in Hamburg Der Fall des Fotofachgeschäftsinhabers Leo Bernstein aus Berlin K ATHR I N K LE I B L | DEUT S CHE S S CH I F F FAHR T SMUS EUM , BREMERHAV EN Einführung Die aufgrund der NS-Ideologie verfolgten Jüdinnen und Juden emigrierten ab 1933 vermehrt aus demDeutschen Reich. Das zu transportierende Hab und Gut – in Liftvans und Kisten verstaut – wurde dabei über unterschiedliche europäische Häfen ins Exil verschifft; häufig auch via Hamburg und Bremen.1 Zuvor musste die Auswanderung bei den NS-Behörden beantragt werden.2 Für dieses aufwendige und kostspielige Prozedere waren unter anderem detaillierte Umzugsgutlisten einzureichen, in denen auch der Wert und der Anschaffungszeitpunkt der auszuführenden Gegenstände anzugeben waren. Daraufhin folgten Kontrollen der Listen durch die Devisenstellen bzw. von dort beauftragte Zollbeamte, gegebenenfalls ein Mitnahmeverbot bestimmter Objekte mit entsprechender Anweisung für den Zwangsverkauf und schlussendlich die Taxierungen des verbliebenen Übersiedlungsgutes für die Berechnung der Abgabe an die Deutsche Golddiskontbank (Dego).3 Entsprachen die Umzugsgutliste und alle weiteren Auflagen den behördlichen Anforderungen, erteilte sie die Freigabe zur Ausfuhr. Das Verpacken des Hausrates erfolgte wiederumunter Augen von Zollbeamten, die die einzelnen Frachtstücke (z. B. Liftvan, Kiste (Kolli), Verschlag, Koffer oder dergleichen) abschließend 1 Kleibl, Kathrin/Kiel, Susanne: Der Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Emigrant*innen in Hamburg und Bremen nach 1939: Beteiligte, Netzwerke und »Verwertung« – Ein Zwischenstand, in: Arbeitskreis Provenienzforschung e. V. (Hrsg.): Entzug, Transfer, Transit. Menschen, Objekte, Orte und Ereignisse, erscheint 2022 bei Heidelberg University Press. 2 Kleibl, Kathrin: Auswanderungsgenehmigungsverfahren der Devisenstelle-Oberfinanzpräsident Hamburg als Quelle für die Recherche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, in: Der Archivar, Heft1/2022, S. 37–40. 3 Die Höhe der sogenannten Dego-Abgabe bezog sich auf die ins Ausland zu transferierenden Werte. Im Juni 1938 betrug diese 90 Prozent, im September 1939 96 Prozent des Wertes. Für Gegenstände, die nach 1933 erworben wurden, wurde eine Abgabe in Höhe des Anschaffungswertes festgesetzt.

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