Leseprobe

102 Aufzeichnungen unrechtmäßigen Entzugs in der NS-Zeit 1941 verabschiedete 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz regelte schließlich einen gesetzlich vereinfachteren Umgang mit dem verbliebenen Umzugsgut. Laut dieser Verordnung verloren alle aus dem deutschen Reichsgebiet emigrierten Juden ihre deutsche Staatsangehörigkeit und ihr gesamtes Vermögen, das komplett an das Deutsche Reich fiel. Diese Bestimmung vereinfachte – aus Sicht der Behörden – das bisherige Ausbürgerungsverfahren, da nun keine Einzelverfahren mehr nötig waren. Informationen über die Versteigerungen des Übersiedlungsgutes jüdischer Emigrant*innen erhielten potenzielle Käufer*innen aus der Tageszeitung über aufklärende Artikel und über extra, zu jeder anstehenden Auktion geschaltete Anzeigen. In Hamburg wurde üblicherweise das zu einem Haushalt gehörige Umzugsgut bei einer Auktion versteigert – dies kann einen Liftvan, mehrere Kisten oder auch neun Liftvans umfasst haben. In Sonderfällen – wie z. B. die durch das Auktionshaus Carl F. Schlüter 7 organisierten Kunstauktionen – wurden Gemälde und Bilder aus den Übersiedlungsgütern separiert und gesondert angeboten.8 Man erhoffte sich womöglich höhere Erlöse, wenn nur eine bestimmte Klientel anwesend sei. Für alle Versteigerungen galt jedoch, dass ab dem Zeitpunkt des Verkaufs die ehemals zu einemHaushalt 7 Das Auktionshaus Carl F. Schlüter in Hamburg versteigerte nach bisherigen Erkenntnissen das Übersiedlungsgut von über 400 Emigrant*innen. Es versteigerte ebenso den Hausrat von über 650 deportierten Hamburger Jüdinnen und Juden, siehe hierzu: Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg (im Folgenden: StAHH) 314-15_47 UA 19. 8 Kunstversteigerung bei Carl F. Schlüter am 24. 9. 1941, in der sich nach bisherigem Kenntnisstand ausschließlich Kunstwerke aus beschlagnahmten Übersiedlungsgut befanden; siehe hierzu den aufgezeichneten Vortrag von Kathrin Kleibl am 7. 10. 2020 anlässlich des Internationalen Symposions »Der Umgang mit Umzugsgut jüdischer Emigranten in europäischen Häfen«, Haus der Wissenschaft Bremen (Onlinezugang: www.youtube.com/watch?v=p2pKh4WHTec [YouTube Kanal des Deutschen Schifffahrtsmuseums], letzter Abruf 25. 3. 2022).

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