Leseprobe

6.3 Adelige Laien in der Kirche 151 q Niclsburg: Jacob von Arburg des verstorbenen Schwager: Rudolff und Sebastian von Hohenfeldt zu Kirchberg am waldt: Sigmundt von Eyzing zu Schratenthal: Carl von Hochenfeldt: Peter von Hofkirchen: Herr Jameretzky: Leopoldt, und Wilhelmb von Neudegg zu Rastenberg, und anderen unser, daraus, was der Chünringer geschlecht für ein ansehen, und Ehr gehabt, zu schliessen.«42 Der Ort der Feierlichkeit wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch ist davon auszugehen, dass dieser Teil der »feyerlichen Exequien«43 direkt am Begräbnisort begangen wurde. Beim sogenannten Dreißigsten handelte es sich um eine Totengedächtnisfeier, die im Anschluss an die Totenmesse und die Beisetzung des Leichnams am 30. Tag nach dem Tod abgehalten wurde.44 Die mittelalterliche Begräbnisfeier fand nach der Aussegnung und Übertragung des Leichnams in die Kirche und seiner dortigen Aufbahrung im Chor oder vor dem Lettner stets am Grab des Verstorbenen statt.45 Zu diesen Totengedächtnisfeiern gehörten neben dem Dreißigsten regulär auch diejenigen am dritten und siebten Tag. Sie enthielten gesungene Seelmessen und Grabvisitationen, häufig auch Totenoffizien. Zum Begräbnis des Albrecht Achilles, Markgrafen von Ansbach und Kurfürsten von Brandenburg (* 1414, reg. 1440–1486), im Jahr 1486 in der Zisterzienserkirche Heilsbronn fanden sich die Fürsten und ihr Gefolge im Chorgestühl der Mönche ein, während die Mönche zwischen dem (Mönchs-)Chor und dem nahe des Kreuzaltars situierten Grab wahrscheinlich auf einer temporären, an die Chorschranke gelehnten KonstruktionMesse hielten: »Item die Munich des Closters haben gesungen Vigily vnd Mess zwischen dem Chor vnd dem Grab, In der Hohe ein Geheuss gehabt, darauff sie gestanden vnd gesungen haben, vnd seind dy Fursten vnd der Fursten Botschafft imKore In stulen gestanden auff beyden seytten.«46 Diese Memorialleistungen zum Gedenken an den Verstorbenen erhielten auch in Zisterzienserklöstern zunehmend öffentlichen Charakter, der sich insbesondere in den Armenspeisungen niederschlug.47 Dass sich die Familienmitglieder und anderen Adeligen an Johanns Grab48 im Umgangschor eingefunden haben müssen, ergibt sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass die Grablege nicht nur unmittelbar und untrennbar mit der Totenmemoria für den Verstorbenen, sondern auch mit der gesellschaftlichen Repräsentation, nämlichwie es in der Zwettler Handschrift heißt: mit der Demonstration von »ansehen und Ehr« seines Geschlechts, verbunden war, die im 16. Jahrhundert ihren sichtbaren Ausdruck in der breitenwirksamen Ausrichtung des Dreißigsten fand.49 Um die Vollzähligkeit aller ranghohen Gäste zu garantieren, konnte es vorkommen, dass die Feierlichkeit verschoben werden musste, sodass der Termin nicht am 30. Tag eingehaltenwerden konnte. Dieser Umstand ist auch für Johanns Totenfeier bezeugt: »Er hinterließ [aus seiner Ehe] mit Anna von Zelckingen fünf Söhne: Christophorus, Florianus, Marquadus, Wilhelmus und Balthasar II. An den fünften Kalenden des Juni sollte der 30. Todestag gefeiert werden, allerdings schob Abt Erasmus den Termin auf, über welchen Aufschub er solche Briefe erhielt: ›Herr Wilhelm von Zelcking schreibt, dass es ihm gefalle, dass der Abt den dreißigsten Todestag des Chunring, Freude seines Angedenkens, bis zum zweiten Wochentag vor St. Vitus aufschiebe, das ist der 13. Juni. Außerdem bejahe er, dass er bereits einige Herren zu den Festlichkeiten eingeladen habe, fragt auch den Abt, ob einige benachbarte Herren eingeladen würden. Seveld, im Jahr des Herrn 1513, sechster Tag nach Himmelfahrt, 6. Mai.‹«50 Zum memorialen Gesamtkomplex der Bestattung und Erinnerung des Verstorbenen gehörte also auch seine repräsentative Selbstdarstellung, die aufs Engste mit dem Grabmal bzw. der Grabplatte verbunden war.51 Die Anwesenheit von »einem König, Fürsten und vielen Bürgern, de[m] Bischof (von Schwerin) und de[n] Adeligen mit ihren Gemahlinnen«52 zum Leichenzug und Begräbnis des Herzogs Albrecht II. vonMecklenburg (* 1318, reg. 1329–1379) in der Abtei von Doberan ist ebenfalls bezeugt. Albrecht ließ sich an außergewöhnlich prominenter Stelle in einer oktogonalen Grabanlage zwischen den östlichen Chorumgangspfeilern retro chorum bestatten, deren Gruft imunteren Teil zumUmgangschor und dessen Steinbaldachin darüber sowohl zumUmgang als auch zumChor hin geöffnet war.53 Dass die Gläubigen an hohen Feiertagen gleichsam einer Prozession vomWesten eintretend über das nördliche Seitenschiff in den Umgangschor geleitet wurden und anschließend über das südliche Seitenschiff nach außen gelangten, hat Annegret Laabs herausgearbeitet. Der Weg führte sie dabei an etlichen Altären vorbei, auf denen sie ihre Almosen hinterlegen konnten. Um auch den Laien die Reliquien»schau« zu ermöglichen, wurden diese auf dem Dreikönigsaltar des Oktogons aufgebahrt, wo sie »für die Gläubigen [vom Umgangschor, Anm. D. A.] mehr zu erahnen als zu sehen«54 waren. Doch dürfte der Blick in den Chor um 1400 in Doberan weitgehend verstellt gewesen sein. Allerdings geht Markus Hörsch davon aus, dass sowohl der obere Teil des Retabels als auch

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