Leseprobe

68 T69 R EGU L A ARGAST Gegen willkürliche Einbürgerungsentscheide: D I E BUNDE SVERFAS SUNG AL S KORREK T I V Das Schweizer Bürgerrecht besteht aus dem Bundes-, Kantons- und Gemeindebürgerrecht, wobei den Gemeinden bei der ordentlichen Einbürgerung eine Schlüsselrolle zukommt. Damit verbunden ist die Gefahr willkürlicher oder diskriminierender Einbürgerungsentscheide. Die in der Bundesverfassung verbrieften Grundrechte stellen dazu ein wichtiges Korrektiv dar. An einem kalten Wintermorgen 1963 tritt die 20-jährige Einbürgerungskandidatin Vittoria Zanetti (Name geändert) vor die Bürgerkommission des Basler Bürgerrats. Vittoria ist in Basel geboren und aufgewachsen. Ihr Vater stammt aus Italien, ihre Mutter aus Basel. Die Bürgerrechtskandidatin, wie ihr Vater italienische Staatsbürgerin, hat nach den Basler Schulen eine Lehre zur Dentalassistentin absolviert. Die Einbürgerungsbewilligung des Bundes liegt vor. Zwei erste Befragungen durch das Bürgerrechtsbüro, Arbeitszeugnisse und Informationen aus dem Bekanntenkreis haben nichts Nachteiliges ergeben. Im altehrwürdigen Basler Stadthaus muss Vittoria Zanetti den elf Damen und Herren der Bürgerkommission Rede und Antwort stehen. Die Kommissionsmitglieder sitzen an einem Tisch, einzelne noch ins Gespräch vertieft. Während «eine[r] geraume[n] Zeit», so wird man später aus den Rekursschriften von Zanettis Anwalt an den Basler Regierungsrat und das Bundesgericht vom April und Oktober 1964 gegen das abgelehnte Gesuch erfahren, ist die Kandidatin «unsicher», «ob die ‹offizielle› Befragung überhaupt schon begonnen» hat. Unvermittelt stellt eine Bürgerrätin die erste Frage: Ob Vittoria Zanetti «wisse, weshalb Damen in diesem Saal sässen». Das hat «wohl etwas mit dem Frauenstimmrecht zu tun», antwortet die Gefragte etwas vage. Tatsächlich hatten die Basler Bürgerinnen am 7. Dezember 1958 das Stimm- und Wahlrecht der Bürgergemeinde erhalten.

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