48 Der Parvenü als Darstellungsproblem Visualisierungen des sozialen Aufsteigers und Bildstrategien zu seiner Abwehr Julian Blunk Jean de la Bruyère 1688 formulierte Jean de La Bruyère (Abb. 1) in seinem Buch ›Les Caractères de Théophraste, traduits du grec, avec les caractères ou les mœurs de ce siècle‹ eine bemerkenswerteWarnung in Bezug auf die Repräsentationsstrategien des gesellschaftlichen Emporkömmlings, der seinen sozialen Rang nicht zuletzt über die Verwendung ständischer und nicht selten exaltierter Kleidung zu reklamieren und zu festigen suche. La Bruyère schrieb: »Eben dieselbenModen, welchen dieMenschen in Bezug auf ihre Personen so gern nachjagen, suchen sie in den Bildern von sich zu vermeiden, als wenn sie das Unschickliche oder Lächerliche empfänden oder voraussähen, das diese dem Blicke darbieten könnten, sobald sie das, was man die Blüthe oder den Reiz der Neuheit nennt, verloren haben. Sie ziehen diesenModen eine Art willkürlichen Schmuckes vor, eine gleichgültige Gewandung, Phantasieeinfälle des Malers, die weder mit der Miene, noch mit den Gesichtszügen in Übereinstimmung sind, und weder an die Charaktere, noch an die Personen erinnern.«1 1 Jean de La Bruyère, Die Charaktere oder die Sitten im Zeitalter Ludwigs XIV., aus dem Frz. übers. von Karl Eitner, Hildburghausen 1870 (Les Caractères de Théophraste, traduits du grec, avec les caractères ou les mœurs de ce siècle, Paris 1688), S. 339. La Bruyères Zeitgenoss:innen waren von diesem nicht namentlich kenntlich gemacht worden, aber für den Kenner dennoch zu identifizieren. Unter demNamen Onuphrius charakterisiert La Bruyère einen Emporkömmling, der seinenMangel an genealogisch begründeten Erbansprü-
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