Leseprobe

90 Abb. 3 Deckelschüssel, Porzellan, Porzellan-Manufaktur Meissen, Ende 18. Jahrhundert Neben den realen Früchten fanden die Zitrusgewächse zudem als Nachbildungen in Silber, Porzellan oder Glas großen Zuspruch.4 Die auf der Festtafel verwendeten Gefäße waren meist auf die Speisen und Köstlichkeiten, die sie beinhalten sollten, ausgerichtet. Die große Terrine ist mit Darstellungen nach William Hogarth (1697–1764) dekoriert, die ihren Gebrauch als Punschterrine, für alkoholreiche Bowle, thematisieren (Abb. 1). Eine der burlesken Darstellungen zeigt eine bereits berauschte Gesellschaft, die sich aus einem ähnlich opulenten Gefäß mit demköstlichenGetränkbedient. Zitronensindbisheuteaufgrund ihres erfrischendenGeschmacks eine Zutat für Bowle-Rezepturen. DieWahl der vollplastisch ausgeführten Zitrone als Knauf scheint daher nicht zufällig gewählt. Sie ist ein Augentäuscher, ein Trompe-l’Œil, und wäre bei Kerzenlicht, der einzigen Lichtquelle abendlicher Gesellschaften des 18. Jahrhunderts, wohl kaum von realen Zitronen zu unterscheiden gewesen. Besonders filigran ist der Ast mit seinen zwei ebenfalls detailgetreu ausgeführten Blüten gehalten (Abb. 2). Derartige Blumenverzierungenwaren in der Produktion äußerst zeitaufwendig, da die Blätter einzeln gefertigt und zur Blüte zusammengesetzt wurden. 1614 und 1702 einen Garten an, der vor allem für seine Zitrusfrüchte Bekanntheit erlangte. Deren Kultivierung wurde durch Johann Christoph Volkamer in seinem 1708 erschienenenWerk ›Nürnbergische Hesperides, Oder Gründliche Beschreibung Der Edlen Citronat- Citronen- und Pomeranzen-Früchte: Wie solche in selbiger und benachbarten Gegend/ recht mögen eingesetzt/ gewartet/ erhalten und fortgebracht werden/ Samt Einer ausführlichen Erzehlung der meisten Sorten/ welche theils zu Nürnberg würcklich gewachsen/ theils von verschiedenen fremden Orten dahin gebracht worden, auf das accurateste in Kupffer gestochen/ in Vier Theile eingetheilet und mit nützlichen Anmerckungen erkläret‹ beschrieben und öffentlich zugänglich gemacht (Scan Universitätsbibliothek Heidelberg, URL: https://doi.org/10.11588/diglit.53471 [Zugriff: 25.5.2022]. 4 Silvia Glaser, Die Zitrusfrucht in der Tafelkultur »mit Carviol, Artischoken, Spargel, Citronen, und dergleichen aufs beste ausgezieret«, in: Die Frucht der Verheißung: Zitrusfrüchte in der Kunst und Kultur (Ausst.-Kat. Germanisches NationalmuseumNürnberg), Nürnberg 2011, S. 353 –371. 5 Königliches Porzellan aus Frankreich. Sammlerstücke und Service der Manufakturen Vincennes/Sèvres (Bestands- und Ausst.-Kat.), hg. vom Museum Schloss Fasanerie, Fulda 1999, S. 36, 58.

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