18 18 und unerschütterlich. Jung und ungeduldig wie wir waren, hatten wir der Nachricht, dass in den Straßen von Paris und überall in Frankreich derzeit der Slogan »Mourir pour Dantzig? Jamais!« (»Für Danzig sterben? Niemals!«) die Runde machte, kaum Beachtung geschenkt. Hitlers Außerkraftsetzen des polnisch-deutschen Nichtangriffspakts verschärfte die bereits bestehenden Spannungen zwischen den beiden Ländern, und nun fing Deutschland an, gegenüber seinem Nachbarn Gebietsansprüche geltend zu machen. Wie nicht anders zu erwarten war, wies die polnische Regierung diese zurück, und unsere Streitkräfte wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Ein schöner, wenn auch angespannter Sommer folgte, Zenek verschwand von der Bildfläche. Ich nahm an, dass er als Reservist wieder in seine Einheit zurückbeordert worden war, was sich in der Folge als richtig erwies. Ich verbrachte zwei Wochen meiner Sommerferien in Turew (von mir »Turwia« genannt) auf einem Anwesen, wo ich bereits viele glückliche Sommer erlebt hatte. Es gehörte einer sehr entfernten Verwandten unserer angeheirateten Familie, Mme. Thecla Chłapowska, die ich »Tante Uja« nannte, und bestand aus einem Landsitz umgeben von einem riesigen Park und ca. 50 000 Hektar wunderschönem, fruchtbaren Grundbesitz. Zurück in Poznań reiste ich mit meinen Eltern in den kleinen Sommerurlaubsort Borsk, der zwischen den Ufern des großen Wdzydze Sees und einem zauberhaften Kiefernwald im sogenannten Polnischen Korridor gelegen war, der Deutschland von Ostpreußen trennte. Die Anlage mit ihrem halben Dutzend kleinen Gästehäusern und dem etwas größeren Gebäude, das einen Gemeinschaftsspeiseraum und das Quartier des Eigentümers beherbergte, gehörte Kazimierz Jasnoch, einem bekannten Porträtkünstler, dessen Frau Halszka Sängerin war und eine der Gesangsschülerinnen meiner Mutter. Mitte August verhandelten Deutschland und die Sowjetunion über einen Nichtangriffspakt, und Gerüchte über einen drohenden Krieg verbreiteten sich von Tag zu Tag mehr. Die Stimmung der wenigen, am Abendbrottisch anwesenden Urlauber schwankte zwischen schwermütiger Nachdenklichkeit und sorgloser Furchtlosigkeit, obwohl merkwürdige Dinge vor sich gingen. Kleine Flugzeuge, offensichtlich ziviler Art, flogen regelmäßig und häufig von Westen nach Osten und zurück, manchmal kreisten sie auch über uns. Einige der Urlaubsgäste sagten: »Ach ja, da sind unsere polnischen Flugzeuge – die überwachen unseren Luftraum!« Darauf antwortete Herr Jasnoch, der über solche Dinge dank seiner Zeit beim
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