Leseprobe

143 44 ERNST F ERD I NAND OEHME 1797–1855 Schloss im Mondschein um 1830 Aquarell über Bleistift 19,7 × 14,4 cm bez. verso o. r.: E. F. Oehme Inv.-Nr. Z 3635 1966 Schenkung Dr. Helmut Brückner, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) Literatur: Ernst Ferdinand Oehme 1797–1855. Ein Landschaftsmaler der Romantik. Ausstellung zum 200. Geburtstag des Künstlers, hrsg. v. Ulrich Bischoff, Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister, Dresden: Neumeister 997, Nr.72, S.140; Hans Joachim Neidhardt, »Ernst Ferdinand Oehme – Werkverzeichnis der Gemälde und bildmäßigen Zeichnungen«, in: Ernst Ferdinand Oehme 1797–1855. Ein Landschaftsmaler der Romantik, Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister, hrsg. v. Ulrich Bischoff, Dresden: Neumeister 1997, S.173–222, S.198, Nr.121. Die trotz schwachem Mondlicht deutlich sich abzeichnenden Bauten würde man vielleicht eher einer Burg als einem Schloss zuordnen wollen. Womöglich ist die Gestalt und landschaftliche Situation der alten Gemäuer überhaupt weitgehend der Phantasie des Künstlers entsprungen. Den Ausgangspunkt für die Aquarellstudie jedenfalls gab ersichtlich die Absicht einer poetisch-stimmungshaften Inszenierung des Motivs. Oehme hat die nächtliche Darstellung von Turm, Fachwerkhaus und ruinöser Ummauerung über einer flüchtigen Bleistiftskizze angelegt, auch das Farbkonzept der Aquarellierung steht ganz im Dienste einer möglichst eindringlichen Beschreibung der dichterischen Bildinspiration. In Kolorit und formaler Behandlung ist das Blatt ein Beleg für die hoch entwickelte Aquarellkunst des Malers und Zeichners Ernst Ferdinand Oehme. Die Neigung zur nostalgisch-stimmungshaften Ritter- und Burgenromantik war bereits in den Anfängen des Malers Oehme zu erkennen, wie eine Gewitterlandschaft mit Burg und Ritter, entstanden wohl 1816/1817, nahelegt.1 Die Ansichten sächsischer Burgen und Schlösser, die Oehme 1827/1828 teils im Auftrag seines wettinischen Mäzens Prinz Friedrich für eine Galerie vaterländischer Ansichten malte, illustrieren die Verbindung solcher Bildkonzepte mit dem wachsenden Interesse an der nationalen Geschichte und einer an Geltung gewinnenden patriotischen Rückbesinnung zu dieser Zeit. Sogar während seiner italienischen Reisejahre verfolgte Oehme nordische Bildphantasien mit heimatlich-sächsischen Motiven, und in der stimmungsbetont-erzählerischen Auffassung solcher Arbeiten begannen sich die Darstellungsintentionen spätromantischen Geistes immer stärker abzuzeichnen. Ludwig Richter beschrieb in seinen Lebenserinnerungen eine Zeichnung seines Freundes Oehme, die dieser zu Weihnachten 1824 in Rom ausgeführt hatte. Sie »zeigte ein altes Schloß mit hohen Renaissancegiebeln, das aus entlaubten alten Eichen hervorschaute und eine Reihe festlich erleuchteter Fenster zeigte. Vorn ein Wasser, darein der Mond sich spiegelte.«2 Solche Bildideen verfolgte der Künstler auch nach der Rückkehr in die Heimat weiter. GS 1 Öl auf Leinwand, 71×97 cm, Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr.1322. 2 Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers, hrsg. v. Max Lehrs, Berlin: Propyläen-Verlag 1922, S.181.

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