114 – 115 Kunstkammerregal | 1 Ausst.-Kat. Hamburg 2010, S. 104. | 2 Vgl. Segelken 2009, S. 38. | 3 Segelken 2009, S. 144. | 4 Vgl. Hogendorn/Johnson 1986, S. 14 f. | 5 Vgl. Ausst.-Kat. Amsterdam 2021, S. 11. | 6 Vgl. Raveaux 2020. | 7 Vgl. Warsh 2018, S. 32 f. | 8 Vgl. Ravichandran 2012, S. 320. Das Sammeln in den Kunstkammern war motiviert durch den Repräsentationsanspruch weltlicher Macht. Der Makrokosmos Welt sollte im Mikrokosmos Kunstkammer gesammelt und besessen werden. Somit sind Kunstkammern Abbilder der weltlichen Macht ihrer Besitzer:innen. Handelsexpeditionen der europäischen Großmächte zielten darauf ab, außereuropäische Waren zu erhalten. So gründete Kurfürst Friedrich Wilhelm 1682 die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie im Bestreben, direkten Zugang zu diesen Materialien zu erlangen. Der Versklavungshandel ist eine Praxis des Kolonialismus, um Profite durch unbezahlte Arbeit zu erhöhen. Viele der Materialien auf dem Gemälde von Hainz zeigen Verbindungen zum Kolonialismus auf oder sind sogar im Versklavungshandel eingesetzt worden. So wurden Kaurimuscheln, unten mittig im Regal, in Bengalen als Zahlungsmittel im Sklavenhandel verwendet.4 Die Niederländische Ostindien-Kompanie verkaufte Kaurimuscheln von den Malediven an die Niederländische Westindien-Kompanie, welche diese dann im Versklavungshandel an der Küste Westafrikas nutzte.5 Auch rote Koralle aus Italien in Form von Ketten wurde verwendet.6 Perlen wurden nach dem gewaltvollen Eindringen der Spanier in Südamerika von dort nach Europa verschifft. An der Nordküste des heutigen Venezuelas, besonders bei der Insel Margarita, sorgten die reichen Austernbänke für einen Ansturm der Spanier.7 Später begannen auch die Niederländer, an der Südwestküste Indiens, der sogenannten Coromandelküste, Perlen zu fischen, was zu gewaltvollen Auseinandersetzungen mit der Lokalbevölkerung führte.8 Somit erzählt das Kunstkammerregal mindestens zwei Geschichten. Eine zeigt den Herrschaftsanspruch und Reichtum eines Monarchen; die andere, wie durch koloniale Praktiken der europäischen Handelskompanien diese Gegenstände und Materialien nach Europa gekommen sind. | CONSTANT I JN JOHANNES LEL IVELD
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