216 der dortigen Region, auf. Seine Zeit als Jäger für die Kansas Pacific Railroad Company, während der er angeblich 4 862 Bisons in nur einem Jahr erlegte, schuf die Basis für seine spätere Legende und Selbstinszenierung. Die Figur »Buffalo Bill« wurde zu einer Marke, die für die Verkörperung des amerikanischen Traums und dem Mythos des »alten Westens« stand. 1883 gründete er mit Unterstützung des Theatermanagers Nate Salsbury (1846–1902) »Buffalo Bill’s Wild West«. Das Programm beinhaltete neben Reit- und Schießvorführungen vor allem groß angelegte Szenen mit den engagierten indigenen Akteuren, wie Kriegstänze, PostkutschenÜberfälle oder die Nachstellung berühmter Schlachten. 1887 weitete Cody seine Tourneen auch auf Europa aus und gastierte mit seiner Show in London im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Thronjubiläum von Queen Victoria (1819–1901). Drei Jahre später kam die Show erstmals auch nach Deutschland. Besonders in München und Dresden war das Interesse groß, pro Aufführung sollen bis zu 10 000 Besucherinnen und Besucher das Spektakel verfolgt haben.2 Ein besonderer Reiz der Show bestand auch in der Mitwirkung prominenter indigener Personen. Konnte Cody bereits 1885 den populären Lakota-Anführer Sitting Bull (um 1831–1890) engagieren, dessen Teilnahme nicht unwesentlich zur Bekanntheit von »Buffalo Bill’s Wild West« beitrug, gelang es ihm später, auch bekannte Anführer der Geistertanzbewegung wie Short Bull (um 1845 – um 1915) oder Kicking Bear (1846–1904) für seine Show anzuwerben. Viele der einst gegen die USA kämpfenden Krieger indigener Nationen wie die Lakota, Arapaho oder Cheyenne sahen in einem Engagement bei einer Wild-West-Show die Chance, dem tristen Leben in den Reservationen entfliehen zu können. Im Gegensatz zu den dort herrschenden Einschränkungen und Verboten der Ausübung ihrer Kultur konnten sie in den Shows weiter ihr vermeintlich altes, traditionelles Leben präsentieren und sich dafür auch noch bezahlen lassen. »Indianer« zu spielen war eine Möglichkeit, sich selbst und seine Familie finanziell zu stärken. Der Begriff »Show Indian« wurde so schließlich zu einer von den indigenen Akteuren selbst benutzten Bezeichnung, mit der sie ihren professionellen Status als Schauspieler betonten. Auch die Übernahme anderer indigener Identitäten und damit verbundener Merkmale, die dem bekannten Indianerbild der Besucherinnern und Besucher entsprachen, gehörten für die indigenen Schauspieler zum Teil ihres professionellen Geschäfts. Besonders die Sioux-Völker der Great Plains galten bald als Verkörperung der typischen Vorstellung von den »Indianern«, sodass sich die meisten Wild-West-Shows in der Erscheinung ihrer indigenen Schauspieler diesem Bild anpassten.3 Gesucht waren vor allem junge agile Männer, die dem Ideal »wilder Krieger« und »kühner Reiter« entsprachen. SARRASANIS »INDIANERHULDIGUNGEN« In der Tradition »Buffalo Bills« baute auch der Dresdner Zirkus Sarrasani ab 1907 Wild-West-Nummern mit indigenen Darstellerinnen und Darstellern in sein Programm ein. Sarrasani perfektionierte die mit »Buffalo Bill« begonnene Vermarktung der »Indianer«. Eine der größten Marketingaktionen in der Geschichte von Sarrasanis Wild-West-Shows war die sogenannte »Indianerhuldigung in Radebeul«, die zu Ehren des Schriftstellers Karl May am 17. Januar 1928 auf dem Radebeuler Ostfriedhof sowie im Karl-May-Museum stattfand. Im Vorfeld hatte Hans Stosch-Sarrasani (1897–1941) in einem Brief an Klara May (1864–1944), die Witwe des berühmten sächsischen Schriftstellers, den Wunsch geäußert, mit seinen »Show-Indianern« eine Kranzniederlegung am Grab Karl Mays durchführen zu dürfen.4 Noch bevor der eigentliche Termin für dieses Ereignis feststand,
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