Leseprobe

57 Geburt und Herkunft Die Herkunft und das Geburtsjahr von Heinrich Taddel blieben bisher weitgehend unklar. Aus den Unterlagen zur Einbürgerung in Dresden ist bekannt, dass er aus Brandenburg zugezogen war. Sein Geburtsjahr wurde mit 1714 angegeben, da er 80 Jahre alt gewesen sein soll, als er 1794 starb.9 Zusätzliche Recherchen erlauben uns nun, seine frühe Familiengeschichte zumindest teilweise zu rekonstruieren. Tatsächlich stammte Heinrich Taddel aus Prenzlau in der brandenburgischen Uckermark und wurde am 2. Juli 1715 in der dortigen Marienkirche getauft, ist also kurz zuvor in jenem Jahr geboren (Abb. 1).10 Der Großvater, Gottfried Taddel, »Barbierer von Stettin bürtig« übersiedelte mit seiner Familie – wahrscheinlich aufgrund der weitgehenden Zerstörung der Hauptstadt von Schwedisch-Pommern durch preußische Truppen – nach Prenzlau und wurde am 28. August 1682 dort eingebürgert.11 Sein Sohn, der Vater des zukünftigen Goldschmieds, mit Namen ebenfalls Heinrich Taddel, war noch während der Belagerung von Stettin im November 1677 zur Welt gekommen (Abb. 2).12 Nichtsdestotrotz wurde Letzterer bei der späteren Erlangung der Bürgerrechte am 9. September 1709 in Prenzlau im Bürgerbuch als »Barbierer, alhier gebürtig« bezeichnet.13 Sein Bruder Christian Taddel, der Onkel unseres späteren Goldschmieds, wurde am 7. April 1686 in Prenzlau getauft. Dieser schlug statt der Laufbahn eines Barbiers die eines Goldschmieds ein und erhielt am 8. August 1719 in Stettin den Meisterbrief der Goldschmiedeinnung.14 Am 18. April 1712 heiratete Heinrich Taddel senior in Prenzlau eine Frau Rauch, deren Vorname im Traubuch nicht genannt wurde. Die nächste Familiennachricht datiert vom 2. Oktober 1727, als in Prenzlau »Herr Heinrich Taddel, Chirurgus« bestattet wurde, womit zweifellos der Vater des späteren Goldschmieds gemeint war.15 Der Beruf eines Barbiers war in dieser Zeit dem des Baders, Chirurgen oder Feldschers nah verwandt, sodass die Bezeichnungen mitunter gleichbedeutend benutzt wurden.16 In den zeitgenössischen Quellen aus Norddeutschland finden sich mehrere Personen gleichen Familiennamens unter diesen Berufsbezeichnungen, weshalb man wohl von einer entsprechenden Familientradition ausgehen kann. Heinrich Taddel junior war mit dem Tod des Vaters zwölfjährig zumHalbwaisen geworden. Wie sein weiterer Lebensweg bis zur Übersiedlung nach Dresden verlaufen ist, kann bislang nur vermutet werden. Zunächst hatte er wohl in Prenzlau die Lateinschule besucht, die erst 1704 vergrößert worden war und sich unter dem damaligen Rektor Levin Leopold Procopius eines guten Rufes erfreute.17 Später kam Taddel möglicherweise bei Verwandten in Berlin oder in Stettin unter, wo er bei seinem Onkel Christian eine Goldschmiedelehre absolviert haben könnte.18 Umzug nach Dresden: Heinrich Taddel als Goldschmied und Freimaurer Spätestens seit dem 30. Juni 1740 war Taddel mit Erlangung der Bürgerrechte als »Gold- und Silberschmied« in Dresden ansässig.19 Er war zu diesem Zeitpunkt fast 25 Jahre alt. In der Folgezeit lässt er sich regelmäßig in den Verzeichnissen der Gold- und Silberschmiedeinnung nachweisen. Die Quellen überliefern zudem drei Lehrlinge. Die ersten beiden, Carl Christian Stoll und Johann Friedrich Raunich, begannen 1743 bzw. 1744 ihre Lehre.20 1743 war ein bedeutendes Jahr im Leben von Heinrich Taddel: Am 24. September kaufte er für 6750 Taler ein Haus auf der Breiten Gasse 19 in der Dresdner Altstadt (heute im Bereich der Altmarkt-Galerie).21 Der Kauf belegt den beträchtlichen finanziellen Spielraum, über den er bereits verfügte. So erscheint er 1746 in einer Liste von 25 Hoflieferanten im Zusammenhang mit den Kosten für zahlreiche Pretiosen und Juwelen, die dem Hof geliefert, aber noch nicht bezahlt worden waren. Die offenen Rechnungen sollten zur Leipziger Ostermesse beglichen werden.22 Ebenfalls im Jahr 1743 wurde Heinrich Taddel unter dem Brudernamen »Caesar« in die 1738 gegründete Freimaurerloge Zu den drei goldenen Schwertern aufgenommen.23 Diese Mitgliedschaft spielte gewiss eine nicht unbedeutende Rolle bei seinem Aufstieg am sächsischen Hof. In den Dresdner Freimaurerlogen jener Zeit hatten sich Adlige, Hofangestellte und Militärs, die überwiegend nicht aus dem alten sächsischen Adel stammten, zusammengeschlossen. Für sie bildeten die Logen ein verlässliches Netzwerk, um sich in der höheren Gesellschaft behaupten zu können.24 Zum Großmeister der Loge Zu den drei goldenen Schwertern war 1741 Friedrich August Graf Rutowski gewählt worden, ein illegitimer Sohn Augusts des Starken.25 1747 wurde Taddel zum Schatzmeister und 1748 zum Ersten Aufseher der Loge bestellt. Noch 1772 ist er als Mitglied der Loge belegt.26 Es lässt sich zudem nachweisen, dass zum Ende des 18. Jahrhunderts einige Mitglieder der Loge unter Beteiligung von Heinrich Taddel und des Hofmarschalls und Meisters zum Stuhl, Freiherr Joseph Friedrich zu Racknitz, Rohsteinmaterial zur Schmucksteinverarbeitung und als Sammlungsobjekte untereinander ausgetauscht haben.27

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