99 Nilkiesel und Badischer Hornstein Im Steinkabinett von Heinrich Taddel befinden sich unter den sogenannten »ausländischen« Steinen zwei Tafeln, deren direkte Gegenstücke noch heute in der systematischen, ehemals privaten »oryctognostischen« Sammlung von Abraham Gottlob Werner in Freiberg verwahrt sind. In einem Fall handelt es sich um einen der im 18. Jahrhundert äußerst populären Nilkiesel, von denen allein im Taddelschen Kabinett fünf Belege vorhanden sind. Nilkiesel sind eine besondere Form von sekundären kugeligen Hornsteinbildungen, die in den Sedimenten der ägyptischen Wüsten vorkommen.7 Seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wurden sie von Reisenden vorrangig entlang der Ufer des Nils gesammelt und in größeren Mengen nach Europa gebracht.8 Der Nilkiesel der abgebildeten Tafel No: 8 unter den »ausländischen« Steinen aus dem Steinkabinett von Heinrich Taddel bildet das direkte Gegenstück eines Belegs aus der »oryctognostischen« Sammlung von Abraham Gottlob Werner (Abb. 3). Ein anderer, bereits seit der Renaissance intensiv genutzter Schmuckstein, der ebenfalls zu den Hornsteinen gehört, ist der attraktiv gefärbte sogenannte Badische oder Markgräfler Jaspis.9 Diese farbigen Hornsteinknollen kommen in den Kalksteinen bei Schlingen und Liel in Südbaden vor.10 Im Steinkabinett von Heinrich Taddel wird das ebenfalls durch fünf Tafeln vertretene Material fälschlich als »Jaspis aus der Schweiz an der italienischen Grenze« bezeichnet – gemeinsam mit zwei weiteren Tafeln, die in Wirklichkeit aus Sizilianischem Jaspis von Giuliana geschnitten wurden.11 Auch in diesem Fall bildet eine der Tafeln des Badischen Hornsteins aus dem Steinkabinett (No: 14 der »ausländischen« Steine) das spiegelbildliche Gegenstück zu einer Tafel in der »oryctognostischen« Sammlung von Abraham Gottlob Werner in Freiberg. Diese wurde im nachträglich erstellten Katalog entsprechend der Klassifikation von Werner etwas irreführend als »roter ägyptischer Jaspis« verzeichnet (Abb. 4). Die beiden Gegenstücke zu den Taddelschen Belegen sind vermutlich über Johann Christian Neuber nach dessen Bankrott über die Freiberger Mineralienniederlage in die Sammlung von Abraham Gottlob Werner gelangt.12 Halsbacher Achat und indischer Heliotrop Anders liegen die Verhältnisse bei einer Tafel des Steinkabinetts aus sogenanntem Korallenachat oder Korallenstein von Halsbach bei Freiberg. Seine Nutzung als Schmuckstein ab etwa 1797 geht zurück auf die Initiative von Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, einem der Erfinder des sächsischen Porzellans.13 Die Gesteinstafel bildet das Gegenstück zu einer ungefassten Dose, die im Grünen Gewölbe verwahrt wird und deren Korpus und Deckel aus einem Stück geschnitten wurden. Generell sind die Abfolgen in der Bänderung des Halsbacher Achats immer dieselben. Bei der Taddelschen Steinkabinettstafel und der Dose stimmen sie jedoch bis in das letzte Detail überein (Abb. 5). Die Dose wurde erst 1939 in Idar-Oberstein beim Heimatforscher Ernst Falz für das Grüne Gewölbe angekauft. Auch weil sie offensichtlich nie eine der üblichen Goldfassungen erhielt, könnte sie aus der Sammlung des Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meinigen stammen, der derartige Dosen ohne Fassungen in großem Umfang gesammelt hat.14 Nach der Revolution im November 1918 und der Abdankung des letzten Herzogs wurden um 1920 größere Teile seiner Sammlung an den Juwelier Philipp Gräf d. J. in Idar verkauft, der vorher Hoflieferant des Sachsen-Meining’schen Herrscherhauses gewesen war.15 Bei der Tafel aus dem Steinkabinett handelt es sich also entweder um ein aus den Resten nach der Fertigung der Dose oder ein gleichzeitig bei deren Bearbeitung gewonnenes Belegstück. Im Depotbestand des Grünen Gewölbes befindet sich ein in einfachen Formen geschnittenes Koppchen zusammen mit einem flachen Teller (Abb. 6). Beide sind aus klassischem indischem Heliotrop geschnitten. Sie bestehen in Gänze aus Stein und haben keine Goldschmiedefassungen erhalten. Der Heliotrop zeigt auf dem Teller ein ungewöhnlich geschwungenes, farbiges Motiv. Derartig intensiv gefärbte, attraktive Ausbildungen von Heliotrop werden in den historischen Beschreibungen häufig auch als »Buntjaspis« bezeichnet. Genau dasselbe Muster wie auf dem Teller findet sich auf einer von fünf Tafeln aus indischem Heliotrop bzw. Plasma im Steinkabinett von Heinrich Taddel.16 Die polierten Oberflächen beider Objekte erweisen sich als spiegelbildliche Wiederholungen derselben Struktur. Der Befund ist auch deshalb von Interesse, weil über das Alter und die Herkunft von Teller und Koppchen bisher keine Angaben vorlagen. Nunmehr kann angenommen werden, dass beide Objekte vor oder spätestens um 1757 in Dresden gefertigt worden sein müssen, denn in diesem Jahr lässt sich das Taddelsche Steinkabinett erstmals in den Akten des Münzkabinetts nachweisen.17
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