101 Schlottwitzer Achat Wie oben erwähnt, verfügte Johann Christian Neuber zwischen 1775 und 1795 über eine Lizenz für den Abbau von Achat und Amethyst auf der Cunnersdorfer Flur im Müglitztal in der heutigen Ortslage von Schlottwitz. Ein ungewöhnlich großes Stück des dort anzutreffenden Materials, das Neuber an vielen seiner bekannten Kunstwerke verwendet hat, stand jedoch offensichtlich schon lange vor dessen Tätigkeit als Goldschmied in Dresden Heinrich Taddel zur Verfügung. Ein großes Reststück dieses Achats befindet sich heute im Museum für Mineralogie und Geologie der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. Es stammt aus dem historischen Altbestand der damals kurfürstlich- königlichen sächsischen Mineralsammlung von vor 1806. Wie genau es in die Kollektion gelangte, lässt sich nicht mehr feststellen. Drei weitere Belege sind in der vor 1814 entstandenen »oryctognostischen« Sammlung von Abraham Gottlob Werner in Freiberg erhalten geblieben (Abb. 7). Eines der Freiberger Stücke und ein zusätzlicher Beleg aus der Sammlung in Dresden zeigen, dass in dem Material nicht nur der typische Bandachat, sondern auch der berühmte Trümmerachat von Schlottwitz vertreten ist.18 Bei den Trümmerachaten ist der ursprüngliche Achat durch tektonische Prozesse in größere und kleinere scharfkantige Stücke zerbrochen und danach durch neu gebildeten Quarz wieder verheilt worden. Das Problem der Entstehung dieses merkwürdigen Achatgesteins rief Ende des 18. Jahrhunderts rege Diskussionen in den naturkundlich interessierten Kreisen hervor, an denen auch Johann Wolfgang von Goethe beteiligt war. Den beiden Belegen mit Trümmerachat aus Freiberg und Dresden lässt sich noch eine weitere Tafel im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Schloss Pillnitz zuordnen (Abb. 8). Das Stück aus Band- und Trümmerachat aus den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen stammt aus der am Ende des 18. Jahrhunderts berühmtesten und größten Dresdner Privatsammlung des Oberhofmarschalls Joseph Friedrich Freiherr zu Racknitz. Wie dieser auf dem erhaltenen Originaletikett vermerkt hat, war der Vorbesitzer Johann Carl Schlipalius, ein Sammler und Händler von Mineralen, der als Kanzeleikopist zwischen 1779 und 1794 in sächsischen Staatsdiensten stand.19 Die Sammlung Racknitz gelangte 1805/06 nach langjährigen Verhandlungen durch Ankauf in die kurfürstlich-königliche sächsische Mineralsammlung. Wie bereits angemerkt, muss der Rohstein, von dem alle diese beschriebenen Stücke stammen, schon mindestens seit 1757 in Dresden vorhanden und im Besitz von Heinrich Taddel gewesen sein. Denn bei einer der Tafeln aus Schlottwitzer Material in dessen Steinkabinett mit der No: 27 handelt es sich um einen weiteren Parallelschnitt von demselben Stück (Abb. 9).20 Offensichtlich ist dieser bemerkenswerte Schlottwitzer Band- und Trümmerachat später von Taddel an Neuber weitergegeben worden. Mehrere Teile davon lassen sich an seinen Werken nachweisen. Der Achat findet sich zum Beispiel an einer Schale hinter dem großen Porzellanadler über der Feuerungsöffnung am ursprünglich von Neuber signierten Prunkkamin von 1782 im Grünen Gewölbe (Abb. 10). Aber auch an vielen seiner zahlreich erhaltenen Steinkabinettdosen, die bis zu 140 sächsische Schmucksteine vereinen, wurde das Gestein verwendet (Abb. 11).21 Darüber hinaus lassen sich an weiteren Objekten und in anderen Sammlungen heute noch Belege desselben Achats nachweisen, so auf den oben beschriebenen Steinkabinetttischen in Schloss Mosigkau bei Dessau mit zwei als Paar geschnittenen Tafeln, im Naturhistorischen Museum Wien und in der Freiberger Mineralogischen Hauptsammlung.22 Abb. 9 Mikroskopische Aufnahmen von Gegenstücken aus Schlottwitzer Bandachat. Links oben: Tafel No: 27 der sächsischen Steine, Steinkabinett Heinrich Taddel, Grünes Gewölbe, SKD, Inv.-Nr. I 15 b/27 Rechts unten: Stück aus der »oryctognostischen« Sammlung von Werner, TU Bergakademie Freiberg, Inv.-Nr. WeSa 101189 (Originalnummer: 1189). Die Bänderungen in beiden Belegen stimmen auch unter demMikroskop bis in das kleinste Detail überein. 2 mm
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