17 Zu den schon damals vorhandenen Beispielen der Steinschneidekunst gehören mehrere Gefäße aus Alabaster und aus Zöblitzer Serpentinit mit vergoldeten Silberfassungen des Dresdner Goldschmieds Urban Schneeweiß (Abb. 1).3 Die Gestaltung dieser gedrechselten Gefäße könnte von Nosseni beeinflusst worden sein, auch wenn der genaue Umfang seines Wirkens schwer zu definieren ist. Nachweislich hatte er 1590 die fürstliche Sondergenehmigung erhalten, die gesamte Schmuckstein- und Marmorproduktion in Sachsen zu beaufsichtigen, darunter auch die Serpentinitdrechselei in Zöblitz.4 Entsprechende Serpentinit- und Alabastergefäße sind neben anderen Goldschmiedearbeiten und Pretiosen im Inventar der Kunstkammer von 1587 aufgeführt. Christian I. hatte nach seinem Amtsantritt in jenem Jahr Augusts Sammlung von Instrumenten, wissenschaftlichen Geräten und Uhren im Dachgeschoss des Westflügels des Dresdner Residenzschlosses zusehends in eine der Öffentlichkeit zugängliche Kunstkammer umgewandelt.5 Daneben existierte die Schatzkammer, die »Geheime Verwahrung«, untergebracht in der Sala terrena, dem Sommergartensaal des Erdgeschosses, der mit Kupfergrün bemalte Säulenkapitelle und Wandfelder aufwies und deshalb das »Grunne Gewelb« genannt wurde. Dort befanden sich sechs Schränke mit insgesamt 11 144 verzeichneten Gegenständen – Minerale und Steine, Gold- und Silbererze, Korallen, Objekte aus Bergkristall und Bernstein.6 Das Kunstkammer-Inventar von 1587 führt zudem eine Sammlung von Gesteinsproben auf, die das Ergebnis von Nossenis Expeditionen in die Bergwerke waren: »ahn Marmell Serpentin Jaspis vnd Amastistenstuffen, welche in Seiner Churfürstlichen Gnaden Landes mehrenteils zu befinden und durch Johan Mariam Nossenum probirt vnd vbergeben worden.«7 Allerdings blieben nicht alle von Nosseni gesammelten Steinproben im Besitz des sächsischen Kurfürsten, wie dessen Privileg von 1585 belegt. Darin forderte er Nosseni auf, weiter Interesse für die sächsischen Steinvorkommen zu wecken, indem er Proben an andere Höfe schicken sollte, etwa an die Medici oder den Kaiser in Prag. Damit warb August für die Schönheit und die Kostbarkeit der sächsischen Naturschätze über seinen eigenen Hof hinaus. Das fand seine Fortsetzung noch nach Augusts Tod durch seinen Enkel Christian II., der 1601 und 1605 von Nosseni gesammelte Proben aus Marmor und anderen Schmucksteinen an den Kaiserhof Rudolfs II. nach Prag schicken ließ.8 Rudolf und seine kaiserlichen Schätze hatten zu der Zeit einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der frühneuzeitlichen Kunstkammer, darunter auch die kurfürstliche Sammlung in Dresden. Christian II., der wie August ein großes Interesse am Sammeln hatte, war während seiner beiden Besuche in Prag 1607 und 1610 von der kaiserlichen Kunstkammer stark beeindruckt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war Prag neben Florenz und Mailand eines der bedeutendsten Zentren der Steinschneidekunst in Europa. Besonders hervorzuheben sind die von Giovanni Castrucci und seiner Werkstatt in der Technik des commesso di pietre dure geschaffenen Landschaftsbilder, die als eigenständige Werke gefertigt oder in Tischplatten und Möbelstücke integriert wurden. Ebenso wichtig waren die mit Reliefs verzierten, geschliffenen ovalen Schalen aus böhmischen Steinen oder Bergkristall aus der Werkstatt von Ottavio Miseroni.9 Drei solcher Bergkristallschalen erwarb der sächsische Kurfürst bei seinen Besuchen in Prag (Abb. 2), und als diplomatisches Geschenk erhielt er vom Kaiser ein auf Stein gemaltes Bild des Prager Hofmalers Hans von Aachen mit dem sächsischen Wappen in commesso di pietre dure aus der Werkstatt der Castrucci auf der Vorderseite (Abb. 3).10 Abb. 3 Kursächsisches Wappen (commesso di pietre dure) mit rückseitigem Ölgemälde auf Jaspis, Castrucci-Werkstatt, Prag, 1604– 1607, Jaspis, Achat, Amethyst, 75 böhmische Granate, Gold, Ebenholzrahmen, H. 26,5 cm, Grünes Gewölbe, SKD, Inv.-Nr. II 434
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