80 mittel voraus. Sind Eisenbahn, Fahrrad oder Fußmarsch solche? Nein, allein Kraftwagen oder Motorrad gewährleisten die notwendige Beweglichkeit zum schnellen Handeln […] In Muße kann man das Resultat der Fahrt überlegen: Zeitdauer 3 Tage, 14 Bauberatungen, Ortsbesichtigungen, Begutachtungen usw. durchgeführt. Bei Benutzung allein der Eisenbahn wären dann 6 Tage erforderlich gewesen. Im eigenen Kraftwagen hätte man es in 1 ½ Tagen geschafft […] In Dresden ist mein Vorderrad wieder restlos platt. Ich gehe zum Amt. Es ist zwar schon abends gegen 11 Uhr geworden, aber ich möchte doch noch schnell den Bericht über das Herrenhaus Wiesa fertigstellen. Mittels einiger Kola-Präparate gelingt dieses auch, aber anschließend noch das Rad zu reparieren um Heim zu fahren, soweit reicht die Energie nicht mehr. So beginne ich den vorliegenden Fahrtbericht, der in unserem Aktenstück ›Denkmalpflege Allgemein‹ späteren zum Aktenlesen zeithabenden Menschen einen Einblick geben soll unter welchen Verhältnissen heute für die Erhaltung der uns noch verbliebenen Kulturwerte geschaffen wird. Eine solche Fahrt wie die vorliegende ist kein Einzelfall. Ihre Niederschrift ergab sich aus dem oben geschilderten Zufälligkeiten. Wenn diese Art Fahrten vielleicht dem Leser etwas unbequem und hart erscheinen mag, uns allen vom Amt für Denkmalpflege, die wir unter solchen Bedingungen unsere Arbeit leisten, sind die Erfolge dieser Mühen größte Befriedigung und Anlaß, immer von Neuem hinaus in unser Sachsenland, ins Vogtland, in die Lausitz, ins Erzgebirge und in die schlesischen Kreise zu ziehen.«283 Der Bericht zeigt, dass Hans Nadler vor Ort in den Kreisen eine Klassifizierung der Schlösser und Herrenhäuser gemäß den Vorgaben der zentralen Deutschen Verwaltung für Volksbildung in Berlin vornahm. Trotz aller Widerstände gegen die Abrisspolitik bewegte sich die sächsische Denkmalpflege, und damit auch Hans Nadler, immer noch im institutionellen staatlichen Rahmen, der trotz aller totalitaristischen Bestrebungen bis zu einem gewissen Punkt Widersprüche zuließ. So war die Auseinandersetzung um den Abriss der Schlösser und Herrenhäuser ein erstmals geübter Drahtseilakt, der die Widerspruchsmöglichkeiten für die Denkmalpflege austestete. Wie aber am Bericht von Hans Nadler zu sehen ist, war das zentral organisierte sächsische Landesamt für Denkmalpflege kaum in der Lage, gegen örtliche Eigenwilligkeiten von lokalen Akteuren oder der Besatzungsmacht vorzugehen. Allein aufgrund der mangelhaften Ausstattung mit Verkehrsmitteln konnte das Landesamt in der Nachkriegszeit seine umfangreichen Aufgaben nur bruchstückhaft erfüllen. Walter Bachmann forderte z. B. in mehreren Schreiben die Zuweisung eines neuen Fahrrads bzw. später eines Dienstkraftwagens, der dem Landesamt beim Einmarsch der Roten Armee gestohlen wurde.284 Er machte dabei auf den enormen Arbeitsumfang aufmerksam und zeigte auf, dass Hans Nadler
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