Leseprobe

81 seit Kriegsende bis zum Mai 1947 mit seinem eigenen Rad 2 400 Kilometer zu den Baustellen zurücklegen musste.285 So bearbeite das Landesamt im gesamten Jahr 1947 insgesamt 461 Objekte, wovon 253 mit dem SMAD-Befehl Nr. 209 in Zusammenhang standen.286 Dass Hans Nadler in dieser Zeit eine nahezu übermenschliche Leistung mit seinen Besuchen auf Baustellen vollbrachte, ist daran sowie aus dem Erlebnisbericht sehr deutlich ablesbar. Obwohl es Hans Nadler nur selten gelang, vor Ort einzelne Anlagen zu retten, bemühte er sich nach Kräften, in den zum Abbruch bestimmten Schlössern und Herrenhäusern kunsthistorisch wertvolle Elemente vor Zerstörungen zu bewahren. Im Barockschloss in Tiefenau sicherte er z. B. die schmiedeeisernen Geländer sowie in Niederrödern die historische Kassettendecke mit farbig bedruckten Tapetenteilchen vor der Zerstörung. Beides wurde Anfang der 1950er Jahre auf Wunsch Nadlers im Rodewischer Schloss eingebaut.287 Seine enge Verbundenheit mit Rodewisch brach auch mit seinen neuen Aufgaben im Dresdener Landesamt für Denkmalpflege nie vollständig ab, woran auch Nadlers enormes Verantwortungsbewusstsein und ausgeprägtes Loyalitätsempfinden erkennbar ist. Auch privat veränderte sich für Hans Nadler viel in dieser Zeit. Völlig überraschend besuchte ihn während seines langen Krankenhausaufenthalts 1946 Käte Reinhold, die Schwester seines ehemaligen Mitschülers und Pfadfinderfreundes Friedrich Reinhold. Vom Bruder aufgefordert, während einer Reise zu ihren Eltern nach Cottbus nach alten überlebenden Dresdener Freunden zu suchen, stieß sie im Krankenhaus auf Hans Nadler, der diesen Besuch in dieser trostlosen, immer wieder von gesundheitlichen Rückschlägen bestimmten Zeit als besonders beglückend empfand. Aber auch Käte Reinhold war wohl von der freundlichen optimistischen Art Nadlers so sehr begeistert, dass sie ihm auf der Rückreise von Cottbus nach Schwenningen, wo sie seit Anfang der 1940er Jahre lebte, einen weiteren Besuch abstattete.288 Daraus entwickelte sich schließlich ein intensiver Briefwechsel, sodass sich Käte im April 1947 entschloss, zu ihren Eltern in die SBZ überzusiedeln. Nach mehreren glücklichen Besuchen entschlossen sich beide, am 28. August 1948 zu heiraten. Die Trauung fand ganz traditionell am Wohnort der Braut in der Cottbuser Oberkirche statt, deren denkmalpflegerische Betreuung Hans Nadler später sehr am Herzen lag.289 Nach der Eheschließung veränderte sich einiges in seinem Leben. Als erstes bemühten sich die Eheleute um eine gemeinsame Wohnung. Da der Wohnraum in Dresden Ende der 1940er Jahre immer noch sehr begrenzt war, war dies kein leichtes Unterfangen. Am 25. November 1948 teilte ihnen schließlich das Dresdener Wohnungsamt ein gemeinsames Zimmer mit Bad- und Küchennutzung innerhalb einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung als Untermieter in der Bodenbacher

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