Leseprobe

101 Cottbus zur Bearbeitung hinzu. Damit wurde Nadlers Wirkungsbereich auf seine alte Heimat rund um Gröden ausgedehnt. Ein Grund für diese Zuteilung war auch, dass ein Großteil dieses Gebiets bis zur Aufteilung während des Wiener Kongresses zu Sachsen gehörte. Somit wurde 1952 zumindest denkmalpflegerisch die sächsische Teilung von 1815 vorübergehend wieder aufgehoben.365 Dass Hans Nadler den Posten als zuständiger Denkmalpfleger und neuer Institutsleiter behalten würde, stand wohl allein aufgrund seines Einsatzes und seiner fachlichen Kenntnisse zu keinem Zeitpunkt zur Debatte. Die einzige Konkurrenz war in der sächsischen Verwaltung der bisherige Leiter des Landesamtes für Volkskunde und Denkmalpflege, Joachim Uhlitzsch, der jedoch zu diesem Zeitpunkt fachlich nicht mit Nadler konkurrieren konnte. Da für Uhlitzsch recht schnell im Oktober 1952 eine neue Stelle an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig gefunden wurde, entstand kein längerer Konkurrenzkampf.366 Hinzu kam, dass Nadler erst im April 1952 einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, in dem er nochmals ausdrücklich mit der Leitung der gesamten sächsischen Denkmalpflege betraut wurde. Dieser Vertrag enthielt mehrere günstige Regelungen für Nadler, beispielsweise wurde ihm darin gewährt, an Kongressen im In- und Ausland teilzunehmen sowie jegliche Fachliteratur auf dem Gebiet der Denkmalpflege, Architektur und Kunstgeschichte auch aus dem Westen zu beziehen. Des Weiteren sicherte man ihm und seiner Familie die Zuweisung von angemessenem Wohnraum sowie die Möglichkeit eines ungehinderten Hochschulstudiums für seine Kinder bei entsprechenden schulischen Leistungen zu. Auch wurden ihm im neuen Arbeitsvertrag eine zusätzliche Altersversorgung sowie eine günstige Regelung im Falle der Arbeitsunfähigkeit angeboten. Als Gegenleistung musste er sich in diesem Vertrag dazu verpflichten, »alle seine Kräfte für die Entwicklung und Entfaltung einer fortschrittlichen, demokratischen Kultur in diesem Arbeitsbereich einzusetzen«.367 Der Vertrag zeigt deutlich, dass sein Arbeitgeber an einer perspektivischen Weiterbeschäftigung interessiert war. Dazu war dieser bereit, mehrere Vergünstigungen zu gewähren. Zwar blieb dem Staat immer noch ein Hintertürchen, sollte sich Nadler nicht für die postulierte »fortschrittliche, demokratische Kultur« einsetzen, womit im Grunde eine sozialistische Entwicklung gemeint war, doch zeigte dies, dass Nadler trotz aller Konflikte z. B. mit der Stadt Dresden immer noch unersetzlich auf seinem Posten war. Dazu trug zweifellos auch sein sehr gutes Verhältnis zum Minister Holtzhauer bei, der nach der Auflösung des Landes Sachsen zum Vorsitzenden der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten in Berlin berufen wurde und damit kurzzeitig für die gesamte Denkmalpflege in der DDR zuständig war.

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