127 gekehrt war. Aus diesem Grund wurde ihm die Auszeichnung verwehrt.461 Dass der Ausschuss bei Hans Nadler keine grundsätzlichen politischen Bedenken hatte, zeigt auch seine erneute Nominierung im Jahr 1962. Insbesondere Gerhard Strauss, der 1958 zum Professor für Kunstgeschichte an der HU Berlin berufen wurde, setzte sich intensiv für Hans Nadler ein. In der Fachkommission Bildende Kunst, welche die Nationalpreisträger vorauswählte, war er es, der Nadlers erneute Nominierung anregte und letztlich auch durchsetzte.462 Nadlers sehr guter Kontakt zum ehemaligen Leiter der Abteilung Bildende Kunst in der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung und dem späteren Leiter der Deutschen Bauakademie zahlte sich somit aus. Am 3. September 1962 stimmten auch die Mitglieder der Plenarsitzung des Ausschusses zur Verleihung der Nationalpreise dem Vorschlag, Hans Nadler den Nationalpreis für Kunst und Literatur zu verleihen, einstimmig zu. Inhaltlich wurde der Vorschlag mit seinen besonderen denkmalpflegerischen Leistungen bei den Altstadtsanierungen in Görlitz und Bautzen begründet, die auch international viel Aufmerksamkeit hervorriefen.463 Überreicht wurde der mit 25 000 Mark dotierte Nationalpreis am 7. Oktober 1962 von Walter Ulbricht in Berlin. Nadler verdiente sich damit etwa ein komplettes Jahresgehalt hinzu.464 Neben ihm wurden Walter Womacka, Hermann Lüddecke, Wolfgang Joho, Maximilian Scheer, Werner Enders, Hanne-Lore Kuhse, Reinhold Lingner und das Kollektiv Gewandhaus-Quartett Leipzig geehrt.465 Nadler befand sich damit in einem erlesenen Kreis von DDR-Kulturschaffenden. Sein Ansehen vergrößerte sich dadurch nicht nur in den Fachkreisen enorm; die Verleihung löste, wie er später selbst sagte, bei den ihm nicht wohlgesonnenen SED-Funktionären eine erhebliche Irritation aus. Auch verstand er es, den Titel später geschickt für denkmalpflegerische Interessen einzusetzen. Als Anfang 1963 die kleine heimatkundliche Zeitschrift »Der Rundblick. Monatsschrift für Kultur und Heimat der Kreise Wurzen, Oschatz und Grimma« eingestellt werden sollte, protestierte Hans Nadler auf Anregung der Redaktion gegen diese Maßnahme. Er schrieb an die Redaktion: »Aus beiliegendem Schreiben, das ich der Redaktion Ihres Rundblickes sandte, ersehen Sie den Wert, den wir dem weiteren Erscheinen Ihrer Zeitschrift beimessen, und hoffe, daß die Zeilen Ihre Bemühungen unterstützen werden. Sofern Sie den Titel ›Nationalpreisträger‹ für zweckmäßig halten, steht es Ihnen ja frei, in einem Anschreiben zu meiner Stellungnahme diesen zum Ausdruck zu bringen. Ich halte es [aber] für nicht zweckmäßig, daß ich selbst die Titulierung im Absender aufnehme.«466 Um der Forderung zur Erhaltung der Zeitschrift mehr Geltung zu verschaffen, war Nadler gern bereit, mit dem Titel genannt zu werden. Dass er jedoch im Anschreiben von sich aus darauf verzichtete, ver-
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