Leseprobe

229 Zeugnisse von Kultur und Geschichte unserer Stadt und unseres Landes zu erforschen und zu bewahren, eine repräsentative Bestätigung erfährt.«885 Er beließ es aber nicht nur dabei und wünschte sich für Dresden: »Aus Sicht des Denkmalpflegers erscheint es besonders wichtig, daß der von Kultur und Geschichte unserer Stadt vorgegebene Qualitätsanspruch im Städtebau und in der Architektur für alle Neubauten gefordert, anerkannt und durchgesetzt wird.«886 Als Vision sah er Dresden als Mittelpunkt in einer Kulturlandschaft, die von Meißen bis Pirna reichte. In dieser sollten, so Nadler weiter, »die Kostbarkeiten von Kunst, Kultur, Geschichte und Natur für jeden erreichbar und erlebbar« sein.887 Dass er den in der Dresdener Bürgerschaft immer präsenten kulturhistorischen Anspruch an ihre Stadt über die lange DDR-Zeit rettete und noch darüber hinaus in seinem Amt immer vertrat, war die Hauptbegründung für die Ehrung. Nadler stand an diesem Tag sinnbildlich für alle Dresdener, die das Gefühl für ihre Stadt trotz aller materiellen und ideologischen Zerstörungen nie verloren hatten. Nadler verkörperte quasi ein Bindeglied zwischen dem alten Dresden und dem Neuanfang 1989/90, mit dem für viele die Hoffnung bestand, an alte Traditionen anknüpfen zu können. Er war in dieser Funktion der perfekte Repräsentant für die von der sächsischen Staatsregierung nach der Wiedervereinigung intensiv unterstützte »Freistaatwerdung«, in der die sächsische Identität als verbindende Kraft nach innen wie auch nach außen medial in den Mittelpunkt gerückt wurde. Bereits 1993 beantragte die sächsische Staatsregierung die Auszeichnung Nadlers mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Er war damit nach Gret Palucca die zweite Person, die neben dem Nationalpreis der DDR auch die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik zugesprochen bekam. Über seine am 18. November 1993 erfolgte Ehrung schrieb er wenig später an eine Bekannte: »Eine ganz besondere Überraschung hat es für mich gegeben, als ich am vergangenen Donnerstag durch unseren Minister für Kunst und Wissenschaft, Prof. Meyer, im Auftrag des Herrn Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse überreicht bekam in Anbetracht meiner Tätigkeit als Denkmalpfleger über mehr als 4 Jahrzehnte. Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut und zugleich [darin] auch eine besondere Würdigung unserer Arbeit als Denkmalpfleger generell gesehen, die mir so wichtig erscheint, in einer Zeit, wo sich doch alles rechnen muß.«888 Neben dem Bundesverdienstkreuz erhielt er am 27. Oktober 1997 aus der Hand des Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf den neu gestifteten Sächsischen Verdienstorden überreicht.889 Zudem zeichnete ihn am 31. August 1997 der Dresdener Presseclub mit dem Erich-Kästner-Preis aus.890 In seiner Rede zur Preisverleihung ging er auch auf den Neubau der in der Reichskristallnacht 1938 zerstörten Dresdener Synagoge ein. Er sagte: »Mit großer Anteilnahme habe ich die Pläne für den

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