Leseprobe

230 Neubau der Synagoge, die bis vor wenigen Tagen im Ergebnis eines Architektenwettbewerbes im Schloß ausgestellt waren, studiert. Ich bin überzeugt, daß mit dem ausgewählten Entwurf ein modernes, interessantes Bauwerk entsteht, das in seiner Funktion, architektonischen Gestaltung und städtebaulichen Wirkung einen bedeutenden innerstädtischen Akzent setzen wird. Damit ist dann auch der Dreiklang der Konfessionen im Stadtbild wieder erlebbar.«891 Im Gegensatz zur Fertigstellung der Frauenkirche war es ihm dann auch vergönnt, den Aufbau der Neuen Synagoge in Dresden am alten Platz im Jahr 2001 mitzuerleben.892 Neben der Wiedererrichtung der Frauenkirche und der Synagoge war es ihm in Dresden noch ein ganz persönliches Anliegen, den Neubau der mit der Sophienkirche abgerissenen Busmannkapelle mitzuerleben. Mit seiner Idee einer Nichtbebauung des ehemaligen Standorts der Sophienkirche konnte er sich nicht durchsetzen.893 Nachdem schließlich 1998 mit der Bebauung der nördlichen Grundstückshälfte der Sophienkirche begonnen wurde, setzte sich Nadler intensiv für die Wiedererrichtung der Kapelle ein, in der die in den 1960er Jahren geretteten Kunstschätze aus der Sophienkirche ausgestellt werden sollten. Um dieses Anliegen zu unterstützen, spendete er 10 000 DM des Preisgeldes des ihm verliehenen Erich-Kästner-­ Preises.894 Gleichfalls wurde Nadler am 31. Januar 1998 Gründungsmitglied der »Gesellschaft zur Förderung einer Gedenkstätte für die Sophienkirche Dresden e.V.«.895 Den Baubeginn im Jahr 2009 konnte er leider nicht mehr miterleben. Die zuvor diskutierten Pläne studierte er jedoch umfassend. Auch wenn ihm eine originalgetreuere Rekonstruktion der Kapelle vorschwebte und er die letztlich verwirklichte gläserne Umhüllung der Gedenkstätte, die sich in das moderne architektonische Umfeld einfügt, kritisch sah, war er dennoch in der glücklichen Lage, die Anfänge der Gedenkstättenplanung noch mitzuerleben.896 So war es ihm bis zu seinem Lebensende möglich, in vielen Fällen zumindest die ersten Schritte für einen Wiederaufbau der von ihm vergeblich verteidigten Bauwerke bzw. den Abriss der danach entstandenen Bauten mitzuerleben. Als Genugtuung empfand er zweifellos den Abriss des Dresdener »Freßwürfels« sowie die Beseitigung des völlig disproportionierten Bautzener »Hauses der Mode«.897 Ebenso konnte er die ersten Überlegungen zur Neugestaltung des Leipziger Paulinums und dem damit verbundenen Abriss des anstelle der Kirche entstandenen modernen Hauptgebäudes der Leipziger Universität miterleben. In vielen Fällen war ihm also eine späte Freude über nunmehr korrigierte Entscheidungen vergönnt. Dass Nadler für seine Lebensleistung regelmäßig geehrt wurde und zudem oft medial präsent war, zeigte auch Wirkung für seine Popularität in Dresden. Als die Dresdner Neuesten Nachrichten um

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