Leseprobe

80 Anja Simonsen metrische Gartenräume, ausgestattet mit Gartenskulptur, Treillagewerk, Spieleanlagen sowie »allerhand Garten Häußergen von Lattenwerck«,51 dem Repertoire zeitgenössischer Gartenanlagen entsprechend. Hecken- und Baumschnitt sowie die Pflege der Wege und Platzflächen zählten zu den größten Posten der jährlichen Gartenaufwendungen, umfassten sie doch Schlosshof sowie Ober- und Untergarten gleichermaßen. So schrieb Fülcke 1765 an die Sequestrationskommission: »Weiter sind in den Obern Garten 604 Ruthen 8 und 9 Ellen hohe Hecken welche zu schneiden und zu hefften, von jeder Ruthe, wenn es veraccordiret wird, 2 gr [Groschen] gerechnet 50 rthlr [Reichstaler] 8 gr [Groschen] austrägt, Hierüber sind mehr als 1 000 Stück Linden und Castanien Bäume vorhanden, welche ebenfalls im Schnitte zu erhalten, nöthig wäre, ohne des Untern Gartens zu gedenken, welcher viele hohe Hecken, Linden und Castanien Bäume hat, so voriges Jahr in Ermangelung des Geldes nicht geschnitten worden. Ferner ist nöthig, daß die sehr breiten und langen Gänge in den obern Garten, mit dem Garten Pfluge umgemachet werden, worzu aber dann und wann ein paar Ochßen erforderlich sind, dahero dem Verwalter anzubefehlen wäre, daß er ein paar Ochßen auf mein Verlangen einige mahl verabfolgen laßen solle. Es wird dadurch ein vieles an Tage-Lohne erspahret, wenn die Ochßen mit dem Garten Pfluge die Gänge umbringen, die Arbeiter aber nur das Graß ausharcken dürffen.«52 Der Vorschlag, die Wege mittels Ochsenpflug zu pflegen, deutet bereits auf erste Überlegungen des Obergärtners zu mehr Effizienz in der Gartenarbeit hin, wohingegen »bey der verstorbenen Premier-Ministers Zeiten lediglich auf das Plaisir und gar keinen Nutzen gesehen worden müssen«.53 • Küchengarten Zu den Aufgaben Fülckes zählte, neben der täglichen Gartenpflege, saisonal der Ankauf von Pflanzen und Sämereien und der Verkauf überschüssiger Erzeugnisse aus dem Küchengarten. Dieser insgesamt 6 ¼ Acker54 messende Küchen- oder Obergarten war durch die rechtwinklig verlaufenden, »sehr breiten und langen Gänge«, »Mauern« sowie geschnittene »Buch-Hecken« von ca. 4,5 bis 5,1 Meter Höhe mit einer Gesamtlänge von ca. zwei bis 2,7 Kilometern untergliedert.55 Der Flurplan aus dem Jahr 1753 und das Meilenblatt von 1807 zeigen die erwähnten, bis heute vorhandenen Spaliermauern als in west-östlicher Richtung verlaufende Linien im Obergarten (Abb. 2, 3, 18). Zwischen den Mauern und Hecken ergaben sich unterschiedlich genutzte Räume: Ein Teilbereich war mit »mehr als 1 000. Stück Linden und Castanien Bäumenn« (!) bestanden, ein anderer mit »guten Obst Bäumen, so en Spalier gezogen, zum Theil aber hochstämmig Alleenweise gesetzet«.56 Belegt sind Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäume.57 Auf den wärmespeichernden, windgeschützten Flächen wurde »Krätzerey«58 betrieben, d. h. es wurden Küchengewächse angebaut, darunter nachweislich Erdbeeren, Salat, Schoten,59 Abb. 4 Die Nischwitzer Gartenanlagen nach der Verlandschaftlichung mit sich weiterhin klar abzeichnendem, als »Gemüsegarten« benanntem Ober-/Küchengarten, Meilenblätter von Sachsen, Dresdner Exemplar, Blatt 45, Ausschnitt, nach Nordwesten ausgerichtet, 1792 mit Nachträgen bis Ende des 19. Jahrhunderts, SächsStA-D, 12884 Karten und Risse, Schr R, F 010, Nr 045 (MF 00052). Abb. 3 Zustand der Nischwitzer Gartenanlagen vor der Verlandschaftlichung mit Spaliermauern des Ober-/Küchengartens (rote Linien), Brühlschem Lusthaus und zwei Gartenpavillons am Mühlgraben, Meilenblätter von Sachsen, Berliner Exemplar, Blatt 46, Ausschnitt, nach Nordwesten ausgerichtet, 1807, Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Kartensammlung, Inventar-Nr.: SBB-PK Kart. M 14433.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1