Veranstaltungen und Berichte 139 Schwierigkeit des Projektes, denn dabei sahen sich die Denkmalpflegerinnen mitunter unerwarteten Herausforderungen gegenübergestellt. Ein Großteil der Recherchen zu den Objekten fand in den Bauaktenarchiven der Gemeinden statt, deren Mitarbeiter die Anfragen immer sehr engagiert und freundlich unterstützten. Es zeigten sich aber auch deutlich die Grenzen und Defizite in der Aufbewahrung und im Erhalt der Altakten. Mitunter lagen diese in Regalen auf Dachböden oder wurden nur durch ehrenamtlich tätige Ortschronisten und Bürger aufbewahrt und gepflegt. Die Möglichkeit, alle Denkmale eines Ortes am Stück zu bearbeiten, war ein großer Vorteil für den Erkenntnisgewinn zur Entwicklung der Siedlungsstruktur und der Kultur. Zum Beispiel war schnell erkennbar, dass meist ein besonders produktiver örtlicher Baumeister, der zu einer bestimmten Zeit einen Großteil der Neu- und Umbauten ausführte, das Erscheinungsbild eines Ortes entscheidend prägte. So zeichnete der Baumeister Paul Götze etwa zwischen 1900 und 1930 in Geyer und Tannenberg für den Neubau historisierender Wohnbauten verantwortlich, aber auch für repräsentative Villen und Werkhallen im Reformstil. In Ehrenfriedersdorf war der Baumeister Eduard Rockstroh und in Schlettau war Bruno Vogelsang für das Baugeschehen vor Ort maßgeblich. Auch wenn sich die hochgeachteten örtlichen Baumeister mit ihren Entwürfen dem Zeit- und Kundengeschmack anpassten, holte man im kleinstädtischen Bereich für besonders anspruchsvolle Bauten dann doch eher die überregional aktiven Architekten aus Chemnitz oder Dresden, wie z. B. Emil Ebert für den Bau des Rathauses in Geyer oder Woldemar Kandler für die Erweiterung der Laurentiuskirche ebendort. In Thermalbad Wiesenbad ließen die Besitzer der Mechanischen Flachsspinnerei Meyer & Co, die auch die Kureinrichtung betrieben, den erfolgreichen Chemnitzer Architekten Willy Schönfeld um 1920 nicht nur den Schutzbau der Thermalquelle, sondern u. a. auch Beamtenhäuser, die Waldkappelle mit Friedhof und ihre eigene Fabrikantenvilla ausführen. Für die Eisenbahnerwohnsiedlung im Annaberger Ortsteil Cunersdorf lieferte der Leipziger Architekt Robert Oskar Koppe die Entwurfszeichnungen und brachte so großstädtische Baupraxis in den kleinstädtischen Siedlungsbau. Deutlich wurde auch das seit den 1920er Jahren verstärkte Mitspracherecht des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz und seiner Bauberatungsstelle. Neben den Denkmaltexten zu den einzelnen Objekten auf der Grundlage der Archivrecherchen konnte die Datenbank der Kulturdenkmale vor allem mit neuen Fotos, Bauplänen und weitergehenden Informationen, wie z. B. Datierung der Bauphasen und präzisierten Sachbegriffen, »gefüttert« werden. Besonders wichtig ist bei der Qualifizierung der Denkmaldaten natürlich auch die korrekte Kartierung der Objekte, die im Rahmen der Bearbeitung geprüft und gegebenenfalls angepasst wurde. Das Projekt »Digitale Denkmaltopografie« endete mit dem Jahr 2021, die Arbeit an der Denkmalliste geht weiter. Die Erkenntnisse aus dem Projekt stehen beispielhaft für den Anspruch des Landesamtes an eine seiner Kernaufgaben: die Erfassung und Dokumentation von Kulturdenkmalen. Die Ergebnisse sollten weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich bleiben und über zeitgemäße Publikationswege und Kooperationen mit anderen Institutionen wie Bibliotheken verbreitet werden. Anmerkung 1 Mitarbeiterinnen und ihre Zuständigkeiten: Silke Epple: Gartendenkmale; Jane Ehrentraut und Corinna Wobbe: Technische Denkmale; Mandy Fischer und Dorit Gühne: Denkmale im ländlichen Raum; Regine Mägel: Aufbereitung und Vernetzung Geodatenbestände. Abbildungsnachweis 1 LfD Sachsen, Foto: Mandy Fischer; 2 LfD Sachsen. Abb. 1 Annaberg-Buchholz, Ortsteil Cunersdorf, August-Bebel- Straße 1, Eisenbahnersiedlung, 1927/28, Architekt Robert Oskar Koppe, Foto 2018. Abb. 2 LfD Sachsen, Denkmalkarte, Ausschnitt AnnabergBuchholz, Ortsteil Cunersdorf, Eisenbahnersiedlung, Stand 27. 6. 2023.
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