13 S IGNI ERTE WERKE Bislang gibt es zwei Werke, die ihr aufgrund einer Signatur zugeschrieben werden. Zum einen ist dies eine Zeichnung auf einem Blatt, das 2021 bei Christie’s auktioniert wurde.17 Verso befindet sich blattfüllend ein männlicher Kopf in Untersicht, ausgeführt in schwarzer und weißer Kreide, mit der Inschrift »Questa testa/ si è di ma[no] de/ madona marietta« (Abb. 2). Die Umrisslinien des Kopfes sowie der wichtigen Partien sind in schwarzer Kreide erfasst. Die Linienführung ist locker und zeigt eine sichere, wenn auch noch übende Hand. Wenige Höhungen in weißer Kreide dienen zur plastischenModellierung des Kopfes. Auf Schraffierungen oder eine weitere Ausformulierung von Augenpartie, Nase und Mund verzichtete die junge Künstlerin. Sie begnügte sich damit, die charakteristischen Elemente mit nur wenigen Linien wiederzugeben. Die auffällige Signatur in der Halspartie zeugt von ihrem Selbstbewusstsein oder vom Stolz ihres Vaters, folgt man der These, die Zeilen stammen von seiner Hand.18 Die Vorlage für Mariettas frühe Zeichnung war der Abguss eines Marmorkopfs, der als Teilimitation einer berühmten Büste aus hadrianischer Zeit, des vermeintlichen Vitellius aus der Sammlung Grimani, angefertigt wurde (Kat. 22). Die Büste des Grimani Vitellius war ab 1525 in der Sala delle teste im Dogenpalast in Venedig aufgestellt, wo Interessierte sie studieren und Abgüsse anfertigen konnten.19 Tintoretto besaß einen solchen Abguss des Vitellius in seiner Werkstatt. Er ist imTestament seines Sohnes Domenico aus dem Jahr 1630 erwähnt.20 Aus der Werkstatt Tintorettos sind rund 25 Zeichnungen nach diesem Gipsabguss überliefert, was seine Bedeutung sowohl für die künstlerische Ausbildung als auch als Modell bezeugt, das Tintoretto selbst immer wieder zeichnete und für Kompositionen nutzte (Abb. 3).21 Das zweite signierte Werk, dessen Zuschreibung an Marietta in der Forschung angezweifelt wird, ist das Doppelbildnis eines älteren Herrn mit langem Bart und eines Jungen (Abb. 4).22 Erika Tietze-Conrat sah in diesem Gemälde, das sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien befindet, ein Werk Marietta Robustis und bezog sich auf Ridolfis Angabe, die Künstlerin habe Marco de’ Vescovi mit langem Bart und seinen Enkel porträtiert.23 Allerdings geht aus dem Text nicht genau hervor, ob es sich um ein Doppelporträt oder zwei getrennte Bildnisse handelt. Im linken unteren Bereich an der Seitenstrebe des Stuhles befindet sich aber eine Signatur: eine »65«, ein »M« und eine »3«, die sich allerdings auch als stilisiertes »R« lesen lässt und bis heute zu sehen ist.24 Das auf 1565 datierte Gemälde wird heute als Werk Jacopo Robustis geführt, obgleich die Argumentation Tietze-Conrats, die Initialen »M« und »R« als Marietta Robusti aufzuschlüsseln, sinnfällig wäre. Insbesondere, wenn es das von Ridolfi erwähnte Familienbildnis der de’ Vescovi wäre, das in deren Haus verblieb, war doch Marco der Vater von Tintorettos Ehefrau Faustina.25 Bliebe man bei einemGeburtsdatumMariettas um 1554, müsste dies allerdings das Gemälde einer Elfjährigen sein. Setzt man ihr Geburtsdatum aber um 1551 an, rückt die Zuschreibung anMarietta Abb. 3 JACOPO ROBUST I , GEN. T INTORET TO Studie einer Büste des Vitellius (recto) 1533–1594, Zeichenkohle, weiß gehöht, auf blauem Papier, 304× 207 mm London, British Museum, Museum number 1885,0509.1658
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