63 Abb. 2 GIUL IO ROMANO UND WERKSTAT T Decke der Camerino degli Uccelli, 1536 Fresko, Mantua, Palazzo Ducale DAS ZWI LL INGSTONDO Der spielerische Umgang mit Inschriften wird in einemTondomit Zwillingen (Kat. 12) auf die Spitze getrieben.16 Zwei an ihren Rücken aneinandergebundene Kinder sind in einen indifferenten Bildraum eingeschrieben, der in diesem Zustand des Stiches lediglich durch kleine Punkte einen Anschein von Tiefenwirkung verliehen bekommt.17 So wie der Kupferstich in heutigen Kabinetten aufbewahrt und auch in der Ausstellung präsentiert wird, befinden sich links der Hinweis auf den Entwerfer der Komposition, Raffaellino da Reggio (1550–1578), rechts die Signatur der Stecherin und oben und unten eine Widmung.18 Doch wenn man diese vier Textblöcke lesen möchte, muss man beginnen, den Druck zu drehen. Dabei zweifelt man schnell an der anfänglichen Annahme, die Kinder seien am Rücken miteinander verbunden. Dreht man den Stich nämlich um 90 Grad, ist man plötzlich sicher, sie lägen Bauch an Bauch. Schon die ursprüngliche Komposition in der Camerino degli Uccelli im herzoglichen Palast in Mantua – Raffaellino stellte Diana eine Zeichnung von Giulio Romanos Fresko für ihren Stich zur Verfügung – nutzte diesen Effekt. Der Eindruck der freskierten Zwillinge (Abb. 2) veränderte sich je nach Betrachterstandpunkt, gleich wie Dianas Kupferstich zur Interaktion einlädt. Beim Druck gewährleistet das Rotieren des Tondo das vollständige Erfassen der Inschrift und verändert gleichzeitig die Körperbeziehung der beiden Kinder.
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