Leseprobe

65 die revers ebenfalls mit Winkel und Zirkel auf seinen Beruf als Architekt hinweist. In ihrer gleichen Darstellungsformel erwecken die Medaillen den Eindruck von Gleichrangigkeit Dianas und Francescos in ihren jeweiligen Professionen.25 Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass es bei Dianas Münze keinen Hinweis auf ihren Vater oder Ehemann gibt, wie es die Konvention verlangt hätte. Die Darstellung Dianas mit einem »matronly veil« stützt die These Gill Perrys, dass »images of the matron-artist could successfully rebuff the ›beautiful freak‹ reading«.26 Dennoch wird durch das Bildnis von Madonna und Christusknabe auf der Medaillenrückseite einMittel bemüht, dass die Kupferstecherin von jeglichen Anzeichen von Hybris freimachen sollte. Ein Mittel, dessen sich auch Künstlerinnen selbst bedienten, wie es etwa von Sofonisba Anguissola (ca. 1532–1625) bekannt ist.27 Dies geschah wohl mit dem Anspruch, dass die Bescheidenheit der Jungfrau Maria sich dabei auf die Künstlerin übertragen sollte. Wie Linda Nochlin in ihrem Aufsatz Why have there been no great women artists? feststellte, waren fast alle Künstlerinnen »entweder Töchter von Künstlern oder hatten […] eine enge persönliche Beziehung zu einer stärkeren oder dominanten männlichen Künstlerpersönlichkeit«.28 Während dieses Phänomen zwar mitunter ebenfalls bei Künstlern auftritt, ist es bei Künstlerinnen bis zum 19. Jahrhundert fast ausnahmslos der Fall – dies gilt auch für Diana. Ihr war eine Ausbildung im akademischen Rahmen verwehrt.29 Umso wichtiger war ein Zusammenspiel multipler anderer Faktoren: Mantua als Lehrort, an dem die Kunst der Druckgrafik nicht zuletzt durch Mantegna und Pollaiuolo begonnen hatte, besonders florierte und auch für den Ruhmder Gonzaga elementar war;30 die Lehre bei ihremVater, die symbiotische Beziehung mit ihrem Mann in der geschickten Verknüpfung ihrer beider Professionen; ihre Kenntnis vom römischen Geschmack, der sich in der Wahl ihrer Motive widerspiegelt; die gezielt formuliertenWidmungen, mit dem Wissen um ihr Publikum; die mögliche Unterstützung ihres Bruders Adamo (ca. 1530–1585) als Drucker und Verleger in Rom31 sowie die Verfügbarkeit von zeichnerischen Vorlagen. DAS FEST DER GÖT TER Wesentlich für ihre Rezeption waren Vasari und die Nähe zu Giulio Romano sowie zum Hof von Mantua, und in der Tat verwendete sie viele Vorlagen Giulios für ihre Stiche: Die schiere Größe des Druckes mit Szenen aus der Sala di Psiche (Kat. 11) lässt eine eindrucksvolle Ahnung von der Wirkung des freskierten Raumes im Palazzo Te in Mantua aufkommen.32 Um den Druck in seiner heutigen Aufbewahrung betrachten zu können, muss er – ob seiner Größe aus drei Teilen bestehend – wie eine Flügeltür »geöffnet« werden. Unweigerlich entsteht die Assoziation des Betretens eines Raumes. Es handelt sich jedoch nicht um eine exakte Wiedergabe einer der Wände der Sala di Psiche, sondern um eine Fusion von Fragmenten aus Banchetto degli Dei (Südwand, Abb. 4), Banchetto rusticus (Ostwand, Abb. 5) und Das Bad der

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