Leseprobe

16 Zweckmäßigkeit bedacht, aber für den Umfang der seinerzeit noch wachsenden Lindenau’schen Sammlungen nicht ausgelegt. Diese seien »fast mehr aufgeschichtet, als aufgestellt«, schrieb der Jenaer Archäologe Karl Bernhard Stark 1850 im Deutschen Kunstblatt.14 Zwar gibt es keine einzige Innenansicht vom Pohlhof-Museum, doch unter Zuhilfenahme der von Johann Gottlob von Quandt und Heinrich Wilhelm Schulz bearbeiteten Beschreibung der im neuen Mittelgebäude des Pohlhofs befindlichen Kunst-Gegenstaende sowie einer Raumskizze aus Lindenaus Hand für den Westsaal der ersten Etage (Abb. 1) lässt sich beispielsweise dieser Saal in seiner ungefähren Anlage zum Leben erwecken (Abb. 2): Die Wände waren fast vollständig von den 166 frühitalienischen Tafelbildern eingenommen, »dass kein leeres Plätzchen an den Wänden mehr zu entdecken ist«.15 Lindenau beabsichtigte, »alle Sieneser« an der Nordwestwand, »umbrische mit einzelnen Florentiner Bildern« an die Nordostwand zu hängen.16 Die Ecken füllen hohe Repositorien mit kleinformatigen Abgüssen, Repliken und einzelnen Modellen. Wendet man sich beim Eintreten nach rechts, umgeben auf einem Tisch Campana-Platten die Büste der Athena Velletri. Unter dem Tisch stehen verkleinerte Kopien antiker Skulpturen, so etwa der Herakles Farnese oder die Muse Terpsichore aus dem Vatikan. Vor den Fenstern erblickt man einzelne Abgüsse römischer Antiken – vor dem Nord- »Um in der etwas beschränkten Räumlichkeit Beschädigungen zu verhüten, wird behutsames Herumgehen den Beschauenden empfohlen«10 »Da die betreffenden Räumlichkeiten nicht füglich geheizt werden können«,11 wurden Eintrittskarten in der kalten Jahreszeit nicht ausgegeben, und so gab der Oberbürgermeister Hempel erst für Sonnabend, den 5. Mai 1849, die Wiedereröffnung bekannt. Doch wie auch der Blick in das fortan geführte Fremdenbuch zeigt, war das Pohlhof-Museum keinesfalls nur an den offiziellen Öffnungstagen12 besucht: »Wer außer dieser Zeit die Sammlung zu sehen und eine ausführliche Beschreibung, als dies bei einem starken Besuche möglich ist, zu erhalten wünscht, bedarf einer Karte, die beim Hausmann im Pohlhofe zu lösen ist, welche für 6 Personen gültig.«13 Im Jahr 1853, dem ersten Jahr, für das regelmäßig die Anzahl der die öffentliche Führung wahrnehmenden Besucher aufgezeichnet wurde, kamen 204 Damen und 250 Herren (die Anzahl der Besucher außerhalb des öffentlichen Besuchstags nicht mitgerechnet). Die durchschnittliche Gruppengröße bei Führungen lag 1853 bei 16 Personen. Und viel größer hätten die Führungen auch nicht sein können, denn der 1845/46 vom Leipziger Universitätsbaumeister Geutebrück entworfene Bau war zwar auf

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