Leseprobe

91 Diese große Kunstreise von Oktober 1843 bis zum Mai 1844 findet einen reichhaltigen Nachklang in seiner Korrespondenz. Erhalten sind jeweils Bernhard August von Lindenaus Briefentwürfe und die originalen Antworten seiner Partner. Es geht um die georderten Objekte, auf deren Ankunft er sehnsüchtig wartete, aber auch um den Transport und die Kosten. Wichtige Kontaktpersonen waren Munizipialrat Heinrich Mylius in Mailand, Emil Braun in Rom, Generalkonsul Just in Neapel sowie der Gipsmodelleur François-Henri Jacquet in Paris, die selbstlos alle Aufträge in Bernhard August von Lindenaus Sinne zu realisieren bemüht waren. Sie gaben sachkundige Ratschläge, beaufsichtigten die Kopisten vor Ort und regelten die Kosten und Abrechnungen, wobei die zu zahlenden Preise das von Bernhard August von Lindenau festgelegte Limit nie übersteigen durften. Bernhard August von Lindenau an Emil Braun, Rom, [Altenburg,] 16. Mai 1844 »Ich bitte über mein Handeln und Knausern nicht unmutig zu werden, allein, da ich bei beschränkten Mitteln, gern viel acquiriren möchte, so muß ich überall nach den wohlfeilsten Preisen trachten, – worinnen ich von Ihnen treulich unterstützt worden bin.«3 Probleme beim Transport nach Altenburg War der Erwerb eines Kunstwerks besiegelt, galt es, seinen Transport zu organisieren, was sich oftmals als ein ebenso kostenintensives und zugleich risikoreiches Unterfangen erwies wie der Ankauf selbst. Gemälde, Gipsabgüsse und antike Artefakte aus Italien oder Frankreich reisten auf dem Land- oder Seeweg nach Altenburg. Auf dem Schiff waren die Kunstwerke zwar geringeren Erschütterungen ausgesetzt, sie liefen jedoch auch Gefahr, durch eindringende Feuchtigkeit Schaden zu nehmen. Bei der Beförderung über Land fürchtete Bernhard August von Lindenau vor allem die unsachgemäße Öffnung der Kisten durch Zollbeamte. Bernhard August von Lindenau an Heinrich Mylius in Mailand, [Altenburg,] 7. Juli 1845 »Von dem Schicksal des russischen Schiffes, was mir 13 alt italienische Bilder, drei Copien, 10 Gypsstatuen u. einige große Kunstwerke, bringen sollte, bin ich leider seit drei Monaten ohne Nachricht, so daß ich den Verlust dieser seltenen u. wertvollen Gegenstände, wahrscheinlich zu bedauern haben werde.«4 Bernhard August von Lindenau an Emil Braun in Rom, [Altenburg,] 8. November 1845 / Emil Braun an Bernhard August von Lindenau in Altenburg, Rom, 29. November 1845 »Die bereits im vorigen Sommer von Livorno abgegangenen 7 Kisten [. . .] sind endlich hier angekommen; nur von den Bildern kann ich gut sagen; [. . .] Allein von den 11 Statuen, war mit Ausnahme der Untertheile der Capitolinischen Venus, alles beschädigt u. einige Musen so bedeutend, daß deren Herstellung zweifelhaft ist.«5 – Die Gipse mussten aber doch nicht unter Verlust gebucht werden, denn es bewahrheitete sich, was Emil Braun tröstend antwortete: »Gebrochener Gyps macht übrigens manchmal größeren Schrecken als recht ist und sobald die Stücke nicht in Staub zerrieben sind, läßt sich alles wieder herstellen.«6 Bernhard August von Lindenau an Notz und Compagnie, Generalkonsulat der Schweiz in Genua, [Altenburg,] 27. November 1845 »Ew. Wohlgebohren wollen mir die nachfolgende Bitte gütigst verzeihen: sie wird veranlaßt durch die mir so eben vom Hn. General-Consul Just aus Neapel zukommende Anzeige, daß eine für mich bestimmte Kiste mit Gemälde Copien u. ein paar Büchern, an Ew. Wohlgebohren zur Weiterbeförderung an mich abgegangen ist: meine desfallsige Bitte ist nun eine doppelte 1. wenn möglich dahin zu wirken, daß diese Kiste vor Genua bis an die deutsche Zollgrenze nicht geöffnet werden möge; u. 2. mir gefälligst den Punkte anzuzeigen, wo selbige die fragliche Grenze erreicht, um dann von hier aus die nöthigen Schritte thun zu können, damit die Kiste nicht dort sondern erst auf hiesigen Pohlhof eröffnet wird.«7 Bernhard August von Lindenau an Heinrich Mylius in Mailand, [Altenburg,] 30. April 1846 »Daß ich die vier Mailänder Copien nicht einzeln, sondern zusammen zu erhalten wünschte, zeigte bereits mein letzter Brief an, u. ich freue mich die schöne Madonna bereits in Ihrer Hand zu wissen. Mit der Absendung über Lindau bin ich vollkommen einverstanden, da meine Besorgnis, wegen der Behandlung auf den Douanen, sich völlig erledigt findet, wenn die Kiste bis Lindau nicht eröffnet wird. Denn dort wird selbige plombiert nach dem hiesigen Pohlhof uneröffnet abgesendet werden u. somit in der ursprünglichen Mailänder Verpackung hierher gelangen, u. mir die Freude werden,

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1