153 Ernst Müller-Gräfe war einer der bekanntesten Künstler der Region um Altenburg. Mehrere Ankäufe durch das Lindenau-Museum in den Jahren 1920 und 1922 zeugen von seiner Popularität und zählen zugleich zu den namhaftesten Neuzugängen während der Zeit der Weimarer Republik. Ergänzt wurden sie lediglich durch den Ankauf von elf Abgüssen mittelalterlicher Skulpturen (1921), dem Ankauf des Gemäldes Wintertag von Lonny von Plänckner (1925), der Schenkung eines Bronzeabgusses von Bernhard August von Lindenau (nach David d’Angers) durch Fritz von Lindenau (1927) und dem Ankauf der Gipsfigur Die Badende von Erich Dietz (1931), die im Jahr 1934 gegen die Figur Weiblicher Akt des Künstlers eingetauscht wurde. 1939 schenkte Dietz Die Badende dem Museum zurück.8 Zwei weitere Zugänge aus dieser Zeit verließen die Sammlung kurz darauf wieder: Das 1919 durch den früheren Herzog Ernst II. geschenkte Gemälde Der Heiland und St. Johannis als Kinder von Lucas Cranach d. J. wurde 1946 von der sowjetischen Kommandantur abgeholt und nicht wieder zurückgegeben. Zwei 1925 angekaufte spätgotische Altarfragmente gingen zudem 1946 in die Sammlung des Schlossmuseums über.9 Die sehr geringe Anzahl an Zugängen in der Sammlung ist wohl vor allem auf die schwierige Finanzlage jener Jahre zurückzuführen. Um finanzielle Mittel zur Erweiterung der Sammlung zu akquirieren, wurde durch Albrecht von der Gabelentz auch der Verkauf beziehungsweise Tausch einzelner Sammlungsbestandteile in Betracht gezogen. Neben chinesischen Porzellantellern aus dem Bestand der Rüst- und Antiquitätenkammer und goldenen Medaillen10 war auch die Veräußerung der numismatischen Bestände des Lindenau-Museums beabsichtigt. Sie sollten 1928 gegen eine Auswahl von Abgüssen deutscher Plastik eingetauscht werden.11 Obschon ein Gutachten über den Wert der Sammlung angefertigt wurde und sich ein Berliner Händler interessiert am Erwerb der Münzen zeigte, wurde der Verkauf jedoch aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage zurückgestellt.12 Weitaus kontroverser gestaltete sich der geplante Verkauf von Fra Angelicos Tafelgemälde Die Feuerprobe des heiligen Franziskus vor dem Sultan (Abb. 2), ging es hier doch um ein Werk aus dem Kernbestand des Lindenau-Museums. Argumentiert wurde, dass dies als Voraussetzung für neue Ankäufe letztlich der Absicht des Stifters, Bernhard August von Lindenaus, entspräche.13 Die Zinsen aus dem kolportierten Verkaufserlös von 100 000 Reichsmark sollten für den Ankauf moderner Kunst aufgewendet werden. In Bezug auf mögliche Neuerwerbungen schrieb Gabelentz: »Wenn ein Museum aber lebendig bleiben will, braucht es auch einen neuen Blutstrom in seinen Adern!«14 Schließlich sprach sich im Dezember des Jahres 1930 Regierungsrat Emil Herfurth gegen einen Verkauf des Gemäldes aus, der sodann auch nicht realisiert wurde.15 Das Werk befindet sich noch heute in der Sammlung des Museums und ist eines der gefragtesten Gemälde. Dennoch musste sich das Lindenau-Museum 1930 des Vorwurfs erwehren, Teile der Sammlung italienischer Tafelmalerei in größerem Umfang zu verkaufen. So schrieb die Altenburger Landeszeitung Anfang November 1930 unter dem Titel Gefahr für das Altenburger Museum von möglichen Verkäufen zahlreicher italienischer Tafelgemälde. Albrecht von der Gabelentz sah sich deshalb veranlasst, in einem Brief an die Redaktion klarzustellen, dass der Bestand des Lindenau-Museums entsprechend den Testamentsbestimmungen Lindenaus nicht angetastet würde.16 1 Otto Pech Beitrag zu einem Wettbewerb für die Errichtung eines LindenauDenkmals an der Eingangstreppe des Museums, 1919 2 Fra Angelico Feuerprobe des heiligen Franziskus von Assisi vor dem Sultan, um 1429 √
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