Leseprobe

185 gegen sie Verwendung finden könnten. Auch die Steuerung des Zustroms von Waffen in beispielsweise ehemalige Kolonialgebiete ist ein macht- und interessenspolitisches Instrument. Wenn ganz gezielt eine Gruppe, die den eigenen Interessen folgt, mit Wehrmaterial versorgt wird, um innere Unruhen auszulösen, ist dies ganz klar mit eindeutigen Motiven des Lieferanten verbunden. Zu beobachten ist dies unter anderem in verschiedenen postkolonialistischen afrikanischen Staaten, die aufgrund der teilweise weiterhin verfolgten Interessen und Einflussnahmen der ehemaligen alten Kolonialmacht oder eines der beiden großen Blöcke in Bürgerkriegen und Revolutionen versanken. Vielfach vermischen sich dabei politische und wirtschaftliche Überlegungen, etwa im Sektor der Rohstoffgewinnung, bei Edelmetallen oder Öl. Oftmals bildeten sogenannte Kompensationsgeschäfte auch den Grundstock großzügiger Rüstungshilfen von großen Partnern wie den USA oder der Sowjetunion, aber ebenso eher kleineren Exporteuren wie der DDR. Im Gegenzug für Wehrmaterial, Ausbildung oder eine Lizenzvergabe erhielten die Ursprungsländer Wirtschaftsprodukte in Form von Öl, Getreide oder Kaffee. Vor allem gegen Ende des Kalten Krieges häuften sich derlei Abkommen. Solche Lieferungen können sich allerdings auch als Bumerang entpuppen, so etwa beispielsweise geschehen beim Angriff der Koalitionstruppen auf Afghanistan nach dem Terroranschlag des 11. September 2001. Dort standen sie Kämpfern gegenüber, die zuvor in den 1980er-Jahren von den USA selbst gelieferte Stinger-Raketen zum Kampf gegen die sowjetischen Truppen im sowjetisch-afghanischen Krieg erhalten hatten. Dies ist kein Einzelfall, sondern in den letzten Jahren häufiger zu beobachten. Interessant zu verfolgen ist dabei, dass unterschiedliche Waffensysteme jeweils eine differenzierte öffentliche bzw. politische Reichweite haben. Dies hängt in der Regel unter anderem von ihrem Wirkungspotenzial, ihrer strategischen Bedeutung und der öffentlichen Wahrnehmung ab. Kleinwaffen fallen dabei oftmals aus dem Betrachtungsspektrum, zu kleinteilig und wenig publikumswirksam. Hier schaut man erst seit ein paar Jahren genauer hin. Erst seit dem Jahr 2000 werden konkrete Bemühungen um eine stärkere Kontrolle der Proliferation von Kleinwaffen in allerdings nur recht wenigen Staaten durchgeführt. Im Gegensatz dazu ist der Blick der Weltöffentlichkeit vor allem auf große Waffensysteme wie Panzer, Kriegsschiffe oder anderes schweres Gerät gerichtet. Und von der Anspannung im Themenkomplex atomarer, biologischer und chemischer Waffen spricht sofort die ganze Welt. Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Langlebigkeit von Kleinwaffen. In der Regel sind diese Systeme auf eine möglichst hohe Lebensdauer ausgerichtet, robust, recht einfach zu warten und durch Zurüstsätze an neue Gegebenheiten anpassbar. So ist es keine Seltenheit, dass so manches Sturmgewehr, welches auch heute noch in Nutzung ist, mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Möglich ist dies durch große Reserven an Ersatzteilen oder deren Nachbau mit einfachsten Mitteln, wenig Aufwand Abb. 3 Ein Mudschahid-Kämpfer mit einer amerikanischen Stinger-Rakete. Als die USA die Bewaffnung des afghanischen Widerstands während der sowjetischen Besatzung einstellten, blieben diese hochentwickelten Flugabwehrraketen zurück. Afghanistan, 1991

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