Leseprobe

83 12 Statue eines unbekannten Athleten, sog. Dresdner Knabe Die für die Erschließung des polykletischen Œuvres wichtigste Dresdner Skulptur ist die Statue des sog. Dresdner Knaben, die August der Starke 1728 aus der Sammlung von Kardinal Alessandro Albani (1692– 1779) hat erwerben können (Abb. 1).192 Adolf Furtwängler, dem unter anderem auch die Konstituierung des statuarischen Typus des Diskusträgers (Kat. 1) verdankt wird, ist es 1893 geglückt, die Dresdner Statue mit weiteren, schlechter erhaltenen Repliken zu einemTypus zusammenzuschließen und imŒuvre Polyklets zu verankern.193 Dass die Statue auf ein Werk dieses Bildhauers zurückgehen dürfte, hatte einige Jahre vor Furtwängler schon Georg Treu erkannt.194 Auch wenn die ursprüngliche Position der verlorenen Unterarme anhand der Dresdner Kopie ungefähr rekonstruiert werden kann, ist es in Ermangelung einer vollständig erhaltenen Replik bis heute nicht möglich, das Attribut des Halbwüchsigen zu bestimmen. Die Größe von 1,52 m und die Kurzhaarfrisur lassen erwarten, dass die Statue einen Athleten zeigt, der in einem bedeutenden Wettbewerb, vielleicht bei den Olympischen Spielen, einen Sieg in der Klasse der Knaben errungen hat und dafür von seiner Heimatstadt mit einer Bronzestatue in Lebensgröße geehrt worden ist. Polyklets ›Handschrift‹ wird auch beim statuarischen Typus des Dresdner Knaben besonders bei der Betrachtung der Frisur deutlich. Ausgehend von einem Motiv auf der Schädelkalotte, das an einen Seestern erinnert, entwickelt sich die Frisur in Form von sichelförmig geschwungenen Strähnengruppen in alle Richtungen und läuft im Bereich der Abb. 1–3 Unbekannter Bildhauer: Kopie eines polykletischen Athleten Marmor, um Christi Geburt Dresden, Skulpturensammlung, Inv. Hm 88

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