025 tion reichte. Zur Unterstützung für die Auswahl und Kontaktaufnahme vor allem zu den jüngeren Künstlern engagierte Busch den ursprünglich aus Mainz-Kastel stammenden abstrakt arbeitenden Franz Winter (besser bekannt unter seinem späteren Künstlernamen Fathwinter) (Abb. 4).11 Dieser kritisierte, dass in der Ausstellung auch »die ›alten Leute‹« ausgestellt werden und meinte damit die bereits vor dem Nationalsozialismus tätigen und inzwischen langsam in die Jahre gekommenen Expressionisten. Busch unterstreicht in seinem Antwortbrief, dass es ihm um eine »zusammenhängende Entwicklung« des Kunstschaffens der letzten 30 Jahre ginge und die Ausstellung somit keineswegs durch diese leiden würde.12 Buschs Ausstellungskonzeption trennte jedoch sorgfältig die »alten Leute«, die im Erdgeschoss gezeigt wurden, von den »abstrakten«, denen der erste Stock vorbehalten war.13 Somit waren in seinem Verständnis die noch gegenständlich geprägten Werke der Expressionisten im Erdgeschoss der Ausgangspunkt der Entwicklung der deutschen Kunst, die dann im Obergeschoss in die ungegenständliche Malerei als die aktuelle Strömung mündete.14 Ausgestellt wurde die große Anzahl von 215 Werken (Gemälde, Grafiken, Bronzen) von Max Ackermann bis Fritz Winter. Darunter die Hauptvertreter des deutschen Expressionismus wie beispielsweise Max Beckmann, Franz Marc, Alexej Jawlenski oder Oskar Kokoschka und Emil Nolde, aber eben auch Künstler der im Katalog als Vertreter der »Abstraktmalerei« titulierten Richtung wie Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay oder Otto Ritschl. Unter diesen waren zudem wenige regional bekannte Künstler wie Alo Altripp, Willy Fügen oder Theo Gebürsch zu finden (Abb. 5 und 6). Zahlreiche der gezeigten Künstler waren noch vor wenigen Jahren aus den Museen als »entartete Künstler« verfemt und entfernt worden. So erlitt auch die Gemäldegalerie der Stadt Mainz große Verluste: zwei Gemälde, eines von Max Beckmann, Im Hotel,15 von Willi Baumeister Der Springer16 sowie 54 expressionistische und neusachliche Druckgrafiken von unter anderen Max Beckmann, Otto Dix, Erich Heckel, Paul Klee, Emil Nolde, Max Pechstein und Franz Marc, verlor die Sammlung, also genau die Künstler, die Busch in seiner Ausstellung neben anderen wieder zeigte und die nur wenige Jahre vorher (1936) genau am gleichen Ausstellungsort in Mainz in der Propagandaausstellung Entartete Kunst zu sehen waren.17 Busch schien mit seiner Ausstellungskonzeption der Kunst der letzten 30 Jahre somit eine Lücke schließen zu wollen, indem er einerseits die ehemals »entarteten« rehabilitierte und zugleich mit den abstrakten Künstler:innen die aktuellen Kunstentwicklungen darlegte. Busch wurde allerdings auch mit Vorbehalten bezüglich einer Ausstellungsbeteiligung konfrontiert, so vor allem von Ernst Wilhelm Nay. Dieser hatte erst seit zwei Jahren als Kriegsheimkehrer unweit von Mainz in Hofheim im Taunus durch die Netzwerkerin, Sammlerin und spätere Galeristin Hanna Bekker vom Rath sein Atelier im ehemaligen Atelierhaus der Malerin Ottilie W. Roederstein eingerichtet.18 Der Kurator versuchte, diesen zu überzeugen, indem er ihm schrieb: »Allein Sie machen sich doch keine rechte Vorstellung von unserer Ausstellung. So sehr zweitrangig ist solche denn doch nicht und ich glaube, dass Ihr Besuch in Mainz dazu beitragen wird, Ihre Ansicht zu revidieren. Der Fehler dieser Ausstellung von der Mainzer Bourgeoiseite betrachtet, ist der, dass sie gar nicht provinziell ist, denn die Ausstellung passt nicht nach Mainz. Sie wird hier nicht gewürdigt und nur von einigen Kennern des Links-und rechts-Rheins richtig aufgenommen, ja bestaunt.«19 Abb. 3 Die zerstörten Museumsräume der Städtischen Gemäldegalerie im ehemaligen kurfürstlichen Marstall, Große Bleiche in Mainz, Januar 1953 Abb. 4 Fathwinter | Komposition abklingend, 1952, Mischtechnik/Öl auf Pappe, 74 × 102 cm, GDKE, Landesmuseum Mainz, Inv.-Nr. 88/17
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