Leseprobe

42 in Worpswede niederzulassen. Zusammen mit den Malern Otto Modersohn, Fritz Mackensen und Fritz Overbeck trafen sie die Entscheidung, eine Künstlergemeinschaft zu gründen. Der Volkskundler Karl Veit Riedel führt diesen Entschluss und die Faszination für die dortige Landschaft mit dem weitläufigen Teufelsmoor auf eine gemeinsame Erlebnisgrundlage und geteilte Weltanschauung der Künstler zurück, die geprägt ist von einer Liebe zur Natur und Heimat und einer damit einhergehenden Ablehnung der Verstädterung und Naturentfremdung: »Weil ein heftiges Bedürfnis nach der Verbindung von Kunst und Wirklichkeit, von malerischem Erleben und Naturbeseelung bestand, mußte die geschlossene Einheit von Land und Leben tief beeindruckend sein.«3 Wie bei den Worpsweder Malern begann auch Ubbelohdes künstlerische Laufbahn mit einer klassischen Ausbildung. 1884 zog der 17-jährige Otto Ubbelohde für das Kunststudium nach München, wo er die kommenden 16 Jahre lebte und arbeitete. Die Ausbildung an der Münchener Akademie war der traditionellen Malerei verpflichtet, von der sich die neue Künstler/ innengeneration mit Freilichtmalerei und einem Naturalismus, angelehnt an die Schule von Barbizon, zu lösen versuchte. Entgegen des kulissenhaft komponierten Landschaftsbildes, wie es in den Akademien gelehrt wurde, suchten die Worpsweder Maler die Unmittelbarkeit und das Natürliche der Landschaft darzustellen. Bereits vor seinem ersten Besuch in Worpswede reizte Ubbelohde die Idee, in der freien Natur zu malen. Während seiner Studienzeit besuchte er regelmäßig die Künstlerkolonie Dachau, wo er in Kontakt mit Ludwig Dill, Adolf Hölzel und Arthur Langhammer kam. Von München aus unternahm er weitere Studienreisen nach Murnau und an den Bodensee, um die voralpine Natur festzuhalten (Abb. 1). Bei einem der ersten Landschaftsgemälde Ubbelohdes handelt es sich um eine in Schleißheim, ebenfalls nahe München, entstandene Arbeit. Das kleinformatige Gemälde zeigt eine flache, unverstellte Wiesenlandschaft, die etwa auf Höhe der Bildmitte durch einen schmalen Grünstreifen vom hellen Himmel getrennt wird (Abb. 2). In der rechten Bildhälfte sind zwischen und oberhalb der Bäume Teile des Schleißheimer Schlosses zu erkennen, die den streng horizontal angelegten Bildaufbau etwas auflockern und einen Orientierungspunkt für die Betrachtenden bietet. Dieser streng bildparallele Aufbau, wie er in vielen um diese Zeit in und um München entstandenen Arbeiten auftritt, kann als spätes Zeugnis seiner Studienzeit gesehen werden, das noch in den frühen Worpsweder Landschaftsstudien zu beobachten ist. Während Ubbelohdes ersten Aufenthalts in Worpswede entstanden vor allem kleinformatige Zeichnungen und Ölskizzen, auch Fotografien, vornehmlich von Landschaft mit Spuren menschlichen Eingriffs in die Natur wie landwirtschaftliches Gerät, Mühlen und kleine Kanäle. Wie für den Maler üblich, 1 MURNAUER MOOS um 1889, Öl/Lw., 23,5 × 34,5 cm, OUS

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