43 fanden alle Tages- und Jahreszeiten Einzug in seine Natur- und Landschaftsstudien. Trotz einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Akademismus, erinnert das leicht überspitzte Kolorit eher an die Münchner Schule, als dass es die natürliche Farbwelt der Moorlandschaft erfasst. Die Arbeiten aller Worpsweder einte in den ersten Jahren ein ähnlich zurückhaltendes Farbspektrum, das erst allmählich lebendiger und impressiver wurde, schließlich unbeschwert und flüchtig wirken konnte. In den Sommern 1894 und 1895 zog es Ubbelohde erneut nach Worpswede, diesmal in Begleitung seiner Münchener Studienkollegen Hermann Groeber und Ernst Thalheimer. Worpswede war mittlerweile zu einem attraktiven Ziel für Landschaftsmaler geworden, doch die Popularität des kleinen Dorfes und die sich dadurch anbahnende »Überfremdung« löste bei den ansässigen Künstlern Unbehagen aus.4 Dass die neuen Gäste argwöhnisch beäugt wurden, bezeugt ein Briefwechsel zwischen Modersohn und Overbeck. Der Austausch der beiden Mitbegründer der Malervereinigung liest sich, als sei das kleine ruhige norddeutsche Dorf nicht groß genug für viele wetteifernde Künstleregos. Modersohn und Overbeck sahen ihr Paradies bedroht und waren sich einig, dass Ubbelohde und seine Münchener Begleiter wortwörtlich aus der Kolonie »rausgeekelt« werden müssten, was nach dem Sommeraufenthalt 1895 zu einem harten Bruch mit den dort ansässigen Malern und einem Ende der Besuche Ubbelohdes bei der Kolonie führte. Für die Worpsweder hielt die weite Moorlandschaft und die ruhige Dorfidylle eine Harmonie bereit, die durch Eindringlinge nicht gestört werden durfte. Hiermit bildet die Gemeinschaft keinen Einzelfall, auch in der Dachauer Kolonie sind ähnliche Spannungsverhältnisse bei zunehmender nationaler und internationaler Popularität zu beobachten. Ubbelohdes Gemälde Blick vom Weyerberg bei Worpswede (Abb. 3), das bei einem der späteren Worpsweder Aufenthalten entstanden sein muss, zeigt eines der beliebten Motive der Region. Die Ansicht setzt einen unaufgeregten Landschaftsausschnitt mit einem nach vorne rechts endenden Weg ins Bild. Der Vordergrund – eine spärlich begrünte kleine Anhöhe – nimmt den Großteil der Bildfläche ein. Horizontal durch Sträucher und Bäume abgegrenzt eröffnet sich dahinter eine flache Landschaft mit einem schmalen Horizontstreifen. Das Motiv scheint anspruchslos, die Farbgebung in ihren Erdtönen bleibt zurückhaltend. Erst durch die für Ubbelohde charakteristische Lichtführung entfacht es seine Wirkungsmacht: Der verschattete Vordergrund setzt sich dabei deutlich gegen den lichtdurchfluteten Mittelgrund ab, der formal und farblich in die Horizontale übergeleitet wird, indem sich die Farbe zum Himmel aufhellt. Die erdig-grauen Farben des Vordergrunds werden so über orange und braune Töne zum Hintergrund in Grün und Rosa umgewandelt. Im Gegensatz zu zeitgleich entstandenen Arbeiten anderer Künstler/innen in Worpswede wird deutlich, dass Ubbelohde die tonige Akademiepalette 2 SCHLEISSHEIM um 1889, Öl/Lw., 23,0 × 35,0 cm, OUS
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