Die unmittelbarste und differenzierteste Ausdrucksmöglichkeit, die »Sprache« des Künstlers, bilden seine Werke. Hans Christoph verfasste seine Lebenserinnerungen hingegen nicht mit dem Anspruch, schriftsprachliche Kunst, also Literatur, zu schaffen. Vielmehr wollte er sich – angeregt von der Dresdener Ausstellung »Kunst im Aufbruch. Dresden 1918–1933«, in der auch neun seiner Werke aus den Jahren von 1924 bis 1932 ausgestellt wurden1 – seinen künstlerischen Anfängen zuwenden, wollte diese Revue passieren lassen und das niederschreiben, woran er sich im Alter von achtzig Jahren erinnerte. Wie beispielsweise bei der Betitelung seiner künstlerischen Werke ging er auch hierbei überlegt und systematisch vor: Er erläuterte zunächst kurz seine Intentionen, erklärte, warum er welche Abbildungen und Rezensionen einfügte, und begann anschließend mit der chronologischen Niederschrift der Erinnerungen. Ausdrücklich führte er Werke der Alten Meister und der Klassischen Moderne sowie von Kollegen an, die ihn beeindruckten. Zugleich schrieb er in dem Bewusstsein, mehrere Epochen mit- und übererlebt zu haben. Dabei schien für ihn das Gefühl der Vergänglichkeit zugrunde gelegen zu haben – das Bewusstsein, dass diese Zeiten unwiderbringlich vorbei waren. Frühe Eindrücke aus seiner Kindheit vor dem Ersten Weltkrieg wollte er vor dem Vergessen retten und die Erinnerungen an Studienzeit und künstlerisches Schaffen sowie an ausgedehnte Reisen und das vielfältige kulturelle Leben in der Zeit bis 1933 bewahren. Neben Kunstausstellungen beeindruckten ihn Lesungen, Theater- und Tanzaufführungen sowie besonders Konzerte; er selbst war mit Klavierunterricht aufgewachsen. Er genoss den Kontakt zu Künstlerkollegen ebenso wie zu Tänzerinnen und Musikern. Interessiert und beeindruckt nahm er auch die Leistungen von Malerinnen, Bühnenkünstlerinnen usw. wahr, darunter vor allem das Schaffen seiner Lebensgefährtin Erna Lincke [Abb. 19, 29–33 und 40], an dem er ausdrücklich Anteil nahm. Namentlich war es ihre konzentrierte Beobachtungs- und Arbeitsweise, die ihn zunächst anzog. Dass Frauen gleichberechtigt künstlerisch gleichrangige Werke schaffen, war für Hans Christoph von Anfang an selbstverständlich. Dies erlebte er beispielsweise auch bei dem befreundeten Malerpaar Erhard Hippold und Gussy Hippold-Ahnert oder der von ihm geschätzten Ausdruckstänzerin Dore Hoyer. Zum Text Anke Fröhlich-Schauseil 1 Kat. Dresden 1980, S. 238 f., Nr. 41–49.
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