70 Als dann Lohse seine Bilder zurückholen wollte, fehlten ihm einige Rahmen, die er um Bilder von Dix wiederfand. Dix, zur Rede gestellt, hatte geantwortet: »Was dein ist, ist auch mein«. Bei meinem nächsten Besuch in Bischofswerda war Lohse nicht mehr da. Er war nach Hamburg zurückgekehrt. Doch wurde ich zu weiteren Besuchen aufgefordert. Leider hatte Lohse unterdessen, wahrscheinlich ermüdet durch die intensive schöpferische Arbeit der letzten Jahre und enttäuscht über das mangelnde Echo auf seine Ausstellung, einige seiner schönsten Bilder überarbeitet, zum Teil auch mit Silberbronze und gelegentlich bis über die Rahmen hinaus. Sie waren dadurch weicher geworden und hatten etwas von der ursprünglichen Kraft eingebüßt. In Dresden kaufte ich mir nun Pappen und begann mit Ölfarbe zu malen. Ich liebte unsere bergige Landschaft um Dresden. So fuhr ich mit meinem Rad meist in südliche Richtung und machte Zeichnungen mit Farbangaben, um zu Hause danach zu malen. Oft nahm ich aber auch Malzeug und Pappen mit in die Landschaft. Der Rückweg mit den nassen Bildern, meist um 75 × 100 cm im Format, machte oft Schwierigkeiten. Es entstanden auch viele stark farbige Porträts, die Köpfe meist überlebensgroß und im Wesentlichen in einer in sich abgewandelten Farbe gehalten, die dem Wesen des Modells entsprach. Gern saß ich an der Elbe, um Wasserstudien zu machen. Mein Lieblingsplatz war dicht unterhalb der Marienbrücke, wo sich ein kleiner, flacher und schmaler Damm in den Fluss erstreckte.75 Vorn, an der Spitze sitzend, war ich ganz vom Wasser umgeben. Wenn ich mich, wie oft auch später, tagelang beim Unterricht nicht sehen ließ, war Prof. Hermann tolerant. Ich brachte ihm dann und wann ein Bündel meiner bemalten Pappen mit, die ihm imponierten. Er bat sie sich immer für einige Tage aus, um sie seinem Freund und Kollegen, dem Architekten Prof. Menzel,76 zu zeigen. 75 Die Marienbrücke – bestehend aus einer Eisenbahn- und einer Autobrücke – verbindet in Dresden über der Elbe die Wilsdruffer Vorstadt mit der Inneren Neustadt. 76 Oskar Menzel wirkte als Architekt in Dresden und Radebeul. 77 Es handelt sich um die kleine bewohnte Nordseeinsel Neuwerk im Wattenmeer.
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