Leseprobe

17 Gebrauch aus, während sie in der Frühen Neuzeit primär ernste, moralisierende Botschaften transportierten. Vom Spätmittelalter bis in die Barockzeit wurden Skelette, Schädel und verweste Körper abgebildet, um die Betrachtenden zum Nachdenken über Vergänglichkeit des irdischen Daseins anzuregen und vor einem vermeintlichen Sündenfall zu warnen. Diese Motive erlangten große Beliebtheit während Phasen weitreichender Zerstörungen und Katastrophen, in denen der Tod und das Grauen allgegenwärtig waren – neben der Schwarzen Pest, die ein Drittel der europäischen Bevölkerung als Opfer forderte, gab es verheerende Hungersnöte und den Dreißigjährigen Krieg. Die Hauptbotschaft dieser sogenannten Memento-mori-Bilder bestand darin, die weltlichen Eitelkeiten loszulassen und sich an die Unausweichlichkeit des Grabes zu erinnern, unabhängig von Klasse, Alter, Geschlecht oder Beruf. Insbesondere im 14. und 15. Jahrhundert erlebte das Thema des Totentanzes einen Höhepunkt. Im Französischen bekannt als »danse macabre«, wurde das Motiv auf Friedhofsmauern gemalt und in Form von Drucken über ganz Europa verbreitet. Eines der frühesten und einflussreichsten Beispiele in der bildenden Kunst entstand auf einem Baseler Friedhof kurz nach dem Ausbruch der Schwarzen Pest in der Region um 1440. Das Wandgemälde stellte den Tod personifiziert als Skelett dar, begleitet von 39 Personen, die er zu ihrem Grab führt oder vielmehr »tanzt« (Abb. 4). Die Szene, die wie ein Comic-Strip wirkt, erstreckte sich über eine Länge von 60 Metern. Obwohl das Original 1805 zerstört wurde, überlebten die Tanzpaare dank der Kupferstiche von Matthäus Merian dem Älteren, die ab 1649 in Buchform 4 Johann Rudolf Feierabend Kopie des Basler Totentanzes als Aquarell 1806, Original (Tempera auf Gips) aus dem 15. Jahrhundert mit späteren Überarbeitungen, 200×6000 cm, Historisches Museum Basel

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