Leseprobe

55 diente Erzbischof Albrecht von Brandenburg als Vorbild für jenes, das er der Hallenser Stiftskirche verehrte. Von Karfreitag bis zu Beginn der Osterfeier illuminierten 36 Wachslichter das Wittenberger Grab. Des Weiteren schützten es vier »Schregen«, auf die insgesamt 22 Wachslichter gesteckt waren. Hinzu kamen die auf separate Messingleuchter gesteckten 14 Wachskerzen jener neueingekleideten Armen. Letztere nahmen gemeinsam mit der Stiftsgeistlichkeit nach der Karfreitagsvesper noch an vier weiteren Prozessionen zum Ostergrab teil. Dort sangen die Chorschüler beständig Psalmen, was der Praxis des »Vierzigstündigen Gebetes« entsprach, das die gesamte Zeit der Grabesruhe Christi ausfüllte. Dieses Singen der Schüler war überall Brauch.26 Trotz des Kultes mit dem Bild wird ein Kelch mit der Hostie mitgetragen und gemeinsam mit dem Kruzifix mit schwenkbaren Armen im Grab beigesetzt. Oft haben diese Gräber sogar eine Konsole oder Nische für den Kelch mit dem Leib des Herrn, wie das Heiliggrab aus der Bürgerspitalskirche zu Salzburg oder jenes aus Tils im Diözesanmuseum der Hofburg zu Brixen.27 Chemnitz, Zwickau und Sankt Benedikt an der Gran besitzen bis heute gewaltige Ostergräber; für Wittenberg und Halle sind sie archivalisch überliefert. Das Zwickauer und das zu Sankt Benedikt können sogar auf Rollen geschoben werden, was auch für das Wiener Grab zu Sankt Stephan schriftlich belegt ist.28 / 2 und 3 / Kruzifix mit schwenkbaren Armen, Rückseite des Kruzifixes, um 1510, Döbeln, St. Nikolai

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