Leseprobe

120 1557–1559 Neue (kleine) Orgel von Hermann Raphael Rodensteen. Ihr Standort kann aus den Quellen nicht zweifelsfrei erschlossen werden; wahrscheinlich befand sie sich in der Art eines Schwalbennestes an der Südseite des Vorchorjochs. 1567 Verhüllung des Heiligen Grabes durch Vorhänge.12 1570–1572 Fortsetzung der Bauarbeiten im Innenraum: Aufstellung einer neuen Kanzel des Bildhauers Gregor Richter, mit Kanzelträger in Gestalt des Heiligen Christophorus; der Schalldeckel wird offenbar erst 1598 ergänzt. Das Triumphkreuz wird renoviert. Der Verkauf einer »Tafel« an die Kirche nach Pleißa lässt darauf schließen, dass man mit dem sukzessiven Abräumen der Nebenaltäre beschäftigt war.13 1605 Aufstellung eines neuen Taufsteins im Chor, gefertigt durch den Chemnitzer Bildhauer Michael Hegewald (→ 1667).14 Das offenbar sehr aufwendig gearbeitete Stück (→ 1629) war mit den Darstellungen der vier Evangelisten geschmückt, besaß einen zinnernen Aufsatz für die Taufschale sowie einen durch Seilzug beweglichen Deckel.15 1608 Schlosserarbeiten im Wert von »1 g 6 d vor ein schraube und schloß zum heiligen grabe« werden abgerechnet.16 Offenbar bestand bereits damals die Notwendigkeit, das Grab vor unbefugtem Zugriff zu schützen. 1616 Mit den Initialen »CD« verbindet sich der früheste Nachweis der Anbringung von Graffiti am Heiligen Grab. Vor allem die vier Eckpfeiler (bis in Höhe der Tabernakelnischen), die Schräge des Kaffgesimses sowie die polygonal hervortretenden Fialen an den Längsseiten waren in den folgenden Jahrhunderten derartigen Beschädigungen ausgesetzt (Abb. 3). 1617 5. November: Schwere Brandschäden an der Kirche. Zerstörung von Dach, Dachreiter und Glockenturm. Verlust des Geläuts einschließlich der erst 1616 neu gegossenen großen Glocke. Der Innenraum samt Ausstattung bleibt trotz des Einsturzes des westlichen Gewölbejochs im Mittelschiff weitgehend verschont. Die Wiederherstellung wird sofort in Angriff genommen und bis 1621 im Wesentlichen beendet. 1629 Reisebericht des Augsburger Kaufmanns und Diplomaten Philipp Hainhofer (1578– 1647):17 »Chemnitz [...] Dises ist aine schöne wolerbauete Statt [...] hat veber 800 häuser, aine grosse kirche zu S. Jacob, darinnen ain schoner grosser altar, dreyfach vebereinander, vmb solchen an den hohen festen zuverändern [...]. Hat aine schöne Cantzel, ainen hüpschen geschnittnen grosen tauffstain, welcher inwendig mit Zin gefüttert ist. In diser kirchen sein 2 orglen, oben auf ain alt H. grab, vnd etliche alte bilder [...].« Es handelt sich um die früheste gedruckte Beschreibung des Inventars der Jakobikirche. Gegenüber dem ausführlich beschriebenen Hochaltar sowie einem angeblich von Lucas Cranach herrührenden Gemälde spielt das Heilige Grab in der Wahrnehmung Hainhofers nur eine untergeordnete Rolle; immerhin wird es einer Erwähnung für wert befunden, wobei der Kontext – »oben auf« – den Schluss nahelegt, dass es sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf einer der neu eingezogenen Emporen befunden haben könnte. Demnach ist zwischen 1539 und 1629 mit einem (ersten?) Standortwechsel in der Kirche zu rechnen, ohne dass es dafür bislang einen archivalischen Nachweis gibt. 1631 Stadtbrand mit Verlust von etwa 300 Gebäuden. Die Kirche bleibt verschont. 1632–1634 Belagerungen während des Dreißigjährigen Krieges mit schweren Gebäudeschäden. Die Kirche bleibt wiederum unversehrt, verliert aber durch Plünderungen den größten Teil ihres Besitzes an vasa sacra und Textilien und wird zeitweise für den katholischen Gottesdienst benutzt. / 3 / Grafitti mit Jahreszahl »1616« an der Ostseite

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