72 Schloss Sondershausen DER REGIERUNGSWECHSEL VON 1720/21 Die Probleme kulminierten, als Christian Wilhelm 1720/21 eine bedeutende Weichenstellung vornahm: Am 20. April 1720 erhob er seinen Erbprinzen Günther zum Mitregenten. So aufsehenerregend dieser Akt gewesen sein mag, trat damit doch keine völlig neue Situation ein, da Günther »schon etliche Jahre denen Sessionibus in dem hierzu bestimmten Dicasterio auf der Residenz zu Sondershausen fleißig beygewohnet«10 hatte. Dies entspricht der ebenso zu verstehenden Nachricht, dass Günther nach seiner Vermählung mit Elisabeth Albertine, also nach 1712, von seinem Vater »mit zu denen Regierungs-Geschäfften«11 hinzugezogen worden sei. So lief die 1720 geschaffene Konstellation in der Praxis nicht darauf hinaus, dass Günther neben seinem Vater »mitregierte«, sondern bedeutete, dass er die Rechte und Pflichten des Fürsten in ihrer Gesamtheit wahrnahm. Christian Wilhelm dürfte nur noch protokollarisch in die Regierungsgeschäfte eingebunden gewesen sein. Nichts deutet darauf hin, dass auf den alten Fürsten wegen seines Rückzugs Druck ausgeübt wurde, wie dies am Sondershäuser Hof und auch an anderen Höfen in vergleichbaren Situationen mitunter der Fall war. Ausschlaggebend scheint tatsächlich gewesen zu sein, dass – wie es in Christian Wilhelms Vita heißt – sich »offenbarlich spüren ließ, daß der grosse GOTT diesen glorwürdigen Regenten, nach dem er Ihn [hatte] alt und Lebens statt werden lassen, bald zu seiner Ruhe bringen würde«.12 Der Fürst verstarb am 10. Mai 1721, ein Jahr nach der Übergabe der Regierungsgeschäfte an Günther. Auch Günthers Vita berichtet zu den Vorgängen von 1720/21, »daß Dero Gnädigen Herrn Vaters Durchl. bey abnehmenden Leibes-Kräfften« den Entschluss gefasst habe, seinen Erbprinzen »eventualiter durchs gantze Land huldigen zu lassen, und bey Dero Lebzeiten auf Ihren Fürstlichen Regenten Stuhl zusetzen, [...]«.13 Nachdem am 10. Mai 1721 der »höchst schmertzliche Todes-Fall Dero hochgeehrtesten und geliebtesten Herrn Vaters, Fürst Christian Wilhelms Durchl. unvergeßlichen Andeckens in dem 75. Jahr Ihres Christ-Fürstlichen Lebens und über 50. Jahr geführten preißwürdigsten Regierung«14 eingetreten war, übernahm Günther die Regierung und führte sie »in Segen und FrieAbb. 1 Günther I. von Schwarzburg- Sondershausen (1678–1740) Schlossmuseum Sondershausen (Kb 52) Abb. 2 Elisabeth Albertine von Schwarzburg- Sondershausen, geb. Prinzessin von Anhalt-Bernburg (1693–1774) Schlossmuseum Sondershausen (Kb 127)
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1