160 Erotische Anspielungen Die Annahme, dass es sich lediglich um eine Verehrung des Außergewöhnlichen, eine Wertschätzung von »braven«, also tüchtigen, brauchbaren Pferden handeln könnte, geht fehl. Leicht abgewandelt durch »ich liebe diese Schecken mit weissen beichen und schwartzen flecken« findet sich der Spruch auf einem sächsischen Pokal im Staatlichen Museum Schwerin, wo das Pferd von einer Dame am Zügel geführt wird. Für die Worte darf jedoch ein hinter der Frau stehender und auf sie zeigender Kavalier in Anspruch genommen werden (Abb. 2).4 Andere Gläser mit dieser Darstellung werden deutlicher und sprechen statt von weißen Bäuchen von »weißen Brüßten« (Abb. 3).5 Unmissverständlich ist ein Zweizeiler auf einem anderen Thüringer Pokal mit gesatteltem Pferd und einer vor diesem stehenden Frau: »Ein hübsch Mädgen und ein braves Pferd, Sind beyde guter Reüter werth.«6 Bei gleichen Darstellungen auf zwei böhmischen Gläsern stehen die Worte »Mein reitter ist weg, der Sattel ist lehr, ein anderer her, der meiner beger.« bzw. »[. . .] nur einer Her der lust begehrt«.7 Abb. 2 Pokal mit erotischer Darstellung Sachsen, Glücksburg, Mitte 18. Jh., Detail Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen MecklenburgVorpommern (KG 3879) Abb. 3 Spitzkelch mit Eisenschimmel Mitteldeutschland, Sachsen (?), um 1750, Privatsammlung Abb. 4 Pokal mit Jagddarstellung Sachsen oder Böhmen, 1720/1730, Detail Schlossmuseum Sondershausen (Kg 126), Kat. 140 Der zweite Pokal mit einer erotischen Anspielung im Schlossmuseum Sondershausen ist eine böhmische oder sächsische Arbeit aus der Zeit um 1720 bis 1730. In einer Landschaft mit erlegtem Rothirsch und einem auf diesen zulaufenden Jagdhund gilt der Blick des sich auf seine Flinte stützenden Jägers nicht seiner Jagdbeute, sondern einer Frau, die hinter ihm mit erhobenem rechtem Arm unter einem Baum sitzt (Abb. 4).8 Rückseitig ist auf dem Glas zu lesen »Ich bin Ein Jäger, und steh von fern, Ich schûsse wildbret, und vögel gern.« Ohne diese Inschrift wäre die Darstellung für den heutigen Betrachter vermutlich die Illustration einer harmlosen Jagdszene.
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