190 Regierungsjubiläum und Heimatfest 1905 von der Asphaltmasse geschützt waren. Die je nach Verfahrensweise matt oder glänzend ausfallenden Dekore konnten so in großer Anzahl und in identischer Form erzeugt werden.9 Alternativ dazu hätten die Motive jeweils einzeln in Handarbeit mühsam in die mit der Asphaltmasse überzogenen Gefäße eingraviert werden müssen.10 Und so »finden [wir]«, resümiert Randau, »gegenwärtig eine große Menge solcher Gegenstände, die durch Ätzung sehr hübsch verziert sind, zu ganz geringen Preisen im Handel vor und können selbstverständlich derlei Artikel nicht durch Handarbeit hergestellt werden«.11 Ein Umdruckverfahren wird auch bei den hier behandelten Bechern verwendet worden sein, wobei der Hersteller für das Motiv auf der Vorder- und für das auf der Rückseite zwei separate Drucke benutzte. Dies legt der Befund nahe, dass das Rückendekor bei einem Glas näher zum linken Rand, beim anderen näher zum rechten Rand des Frontdekores gerückt ist. DER GOLDRAND Zur Herstellung des Goldrands standen ebenfalls verschiedene Verfahren zur Verfügung, die sich in Wirkung, Haltbarkeit, Material- und Arbeitsaufwand unterschieden.12 Poliergold wurde erzeugt, indem Glas als feines Pulver zusammen mit Gold auf das Gefäß aufgetragen wurde. Im Ofen schmolz das Glaspulver – der Glasfluss – und verband beim Erhärten das Metall mit dem Träger. Das Ergebnis wies aber zunächst eine erdbraune Farbe auf, und erst eine Politur mit Seesand und Seifenwasser ergab »Seidenglanz«, eine weitere Bearbeitung mit Achat- oder Blutstein schließlich »Hochglanz«. Eine so hergestellte Goldschicht ist sehr haltbar, hat jedoch den Nachteil, dass auf der Innenseite der erdige Farbton bestehen bleibt und durch das Glas zu sehen ist. Für Glanzgold wurde eine Lösung von Goldchlorid und Schwefelbalsam hergestellt. Eine geringe Menge Glasfluss mit Wismutnitrat sorgte dafür, dass das Gold nach dem Brand auf dem Glas haftet. Das Ergebnis ist eine hochglänzende Schicht, die keine weitere Politur erfordert und auf der Innenseite dasselbe Erscheinungsbild wie auf der Außenseite zeigt. Wegen der geringen Menge verwendeten Glasflusses weist dieses Verfahren aber eine geringere Haltbarkeit auf und macht »wegen seines starken Glanzes einen unfeinen Eindruck [. . .]. Glanzgold wird daher meist für weniger wertvolle Zierate, wie z. B. zu Mundrändern auf Biergläser [sic!] verwendet« – so ein fachmännisches Urteil aus dem Jahr 1920.13 Zudem durchdringt blaugrünes Licht die Metallschicht. Der letztgenannte Effekt, der starke Glanz des Metalls sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite und der deutlich fortgeschrittene Abrieb lassen erkennen, dass der Hersteller bei der Veredlung der hier behandelten Gläser auf das billigere und weniger aufwändigere Verfahren zurückgegriffen hatte. DAS SCHANKMASS Das Schankmaß (auch Füllstrich genannt) auf dem schlankeren Glas wurde mit demselben Umdruckverfahren angebracht, mit dem auch das Dekor erzeugt wurde. Bei den breiteren Gläsern müssen die Markierungen, den verschiedenen Formen der Ziffern nach zu urteilen, freihändig eingeritzt worden sein. Dabei erscheinen die Striche auf den beiden Bechern in leicht unterschiedlicher Höhe – offenbar hatte man das Maß bei jedem Gefäß einzeln bestimmt. Unregelmäßigkeiten in der Gestalt bedingten dann bei gleichem Volumen unterschiedliche Füllhöhen. Abb. 4 Adolf Dette, Atelier für Photographie und Portrait-Malerei Fürst Karl Günther von SchwarzburgSondershausen Fotografie, Kollodiumverfahren, Sondershausen, nach 1895 Schlossmuseum Sondershausen (FA 3940)
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