Leseprobe

Das armenische Kaufmannshandbuch des Łukas Vanandec‘i (Lukas von Vanand) von 1699 41 q q die Bedeutung und den Nutzen des Handels – in Frage und Antwort-Passagen – sowie kaufmännische Ehre und Vertrauen; q die wichtigsten Handelsrouten von Manila im Osten bis Cádiz und Amsterdam im Westen und dem ostafrikanischen Königreich von Monomotapa (s. u.) im Süden; q Währungen und Gewichte der einzelnen Plätze, aktuelle Preise sowie Hinweise, welche Güter gehandelt werden sollten und welche eher nicht; q ethnographische Hinweise; q Geldkurse zwischen verschiedenen Währungen; sowie q Rechenweise207 und Buchführung. Dieses Kompendium von Constant diente zugleich auch als Handbuch für die reisenden Agenten, die während ihrer Ausbildung in Neu-Julfa die für sie relevanten Passagen daraus abgeschrieben haben. Nicht zuletzt diente es als Grundlage für das Handbuch von Lukas von Vanand von 1699.208 3. Das Kaufmannshandbuch von Lukas von Vanand 3.1. Handelspraktiken – Kaufmannshand- und -notizbücher im kommerziellen Schrifttum Europas209 Das Kaufmannshandbuch von Lukas von Vanand steht – mindestens aus europäischer Perspektive – in einer jahrhundertelangen Tradition: Seit dem hohen bzw. späten Mittelalter setzte im westlichen Mittelmeerraum und insbesondere in den italienischen Handelszentren die schriftliche Fixierung grundlegender Informationen über kaufmännisches Handeln in Buchform ein. Dabei können im Wesentlichen vier grundlegende Wissensfelder unterschieden werden: q die ›Verwaltung‹ der Geschäfte, d. h. die Buchhaltung zur Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsoperationen und die mit den jeweiligen Vorgängen im Zusammenhang stehende Korrespondenz; q die Kunde von den gehandelten Gütern (Warenkunde); q das Wissen um die konkrete Handelspraxis, wie sie an einem Ort, in einer Region oder einem Land gebräuchlich war; und q schließlich – wenn auch in ihren Inhalten vielfach nicht allein auf kaufmännische Geschäftstätigkeit beschränkt – die angewandte Rechenkunst. Diese Bücher konnten einerseits der kaufmännischen Ausbildung dienen, andererseits es dem ausgebildeten und erfahrenen Kaufmann – wenn er dies wollte und für notwendig erachtete – gestatten, sich eine Art Handapparat für sein Kontor und/oder seine Reisen aus denjenigen Werken zusammenzustellen, die er für seine tagtägliche Arbeit und wohl auch Weiterbildung benötigte. 207 Zur Rechenweise: Constant verwendete in traditioneller Weise die damals gebräuchlichen 36 Buchstaben des armenischen Alphabets, eingeteilt in vier Neuner-Gruppen, als Zahlschrift, nicht aber die Null; Aslanian, The Circulation of Men and Credit, S. 137 f.; Aghassian/Kévonian, The Armenian Merchant Network, S. 83 f. 208 Ganjalyan, Diaspora und Imperium, S. 64f. mit Anm. 277; Aslanian, The Circulation of Men and Credit, S. 138 mit Anm. 41; ders., »The Salt in a Merchant’s Letter«, S. 155 mit Anm. 78; Curtin, Cross-Cultural Trade, S. 193. Vgl. auch Aghassian/Kévonian, The Armenian Merchant Network, S. 83 mit Anm. 22. 209 Die folgenden Ausführungen im Wesentlichen und zum Teil wortwörtlich nach Denzel, Handelspraktiken; ders., »Wissensmanagement«.

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