152 Das Dresdner Residenzschloss im 19. und frühen 20. Jahrhundert Geschichtlicher Überblick (1827–1918) Das in den Napoleonischen Kriegen ausgeplünderte und 1815 drastisch in seiner Fläche reduzierte Sachsen musste sich in seine »neue Lage« erst finden. 1827 trat König Anton (1827–1836), der Bruder des verstorbenen Königs Friedrich August I., die Thronfolge an (Abb. 2). Der schon betagte, streng katholische und konservative König Anton handhabte zunächst die Amtsgeschäfte im bisherigen Sinne. So führten 1830 staatliche Rückständigkeit mit einhergehender Verschlechterung der Lebensbedingungen zu revolutionären Volkserhebungen. In dieser angespannten Lage und mit besorgtem Blick auf die Julirevolution in Frankreich berief der König noch im gleichen Jahr seinen in der Bevölkerung beliebten Neffen Kronprinz Friedrich August zum Mitregenten und Oberbefehlshaber der sächsischen Armee. Den liberalen Bernhard August von Lindenau bestellte er zum Kabinettsminister.1 Schon 1831 konnte die maßgeblich von Lindenau mit ausgearbeitete erste sächsische Verfassung verabschiedet und die konstitutionelle Monarchie eingeführt werden (Abb. 1). Der feierliche Staatsakt fand am 4. September im Propositionssaal des Residenzschlosses statt. Anschließend zeigten sich der König und sein Mitregent vom Balkon des Georgenbaus aus der auf dem Schlossplatz versammelten Bürgerschaft. Die Bildung eines Parlamentes mit zwei Kammern und die Berufung von Lindenaus zum leitenden Minister in einem Gesamtministerium bedeutete einen wichtigen Schritt zur Erneuerung des sächsischen Staatswesens. Allerdings wies die Volksvertretung noch viele »ständische« Züge auf. Sachsen trat dem 1834 gegründeten deutschen Zoll- und Handelsverein bei und unter den neuen förderlichen Bedingungen entfalteten sich Wirtschaft, Handel, Wissenschaft, Kultur und Kunst. Die bereits seit ca. 1800 voranschreitende industrielle Revolution kam nun zur Entfaltung und das innovative Sachsen zählte bald zu den wirtschaftlich führenden deutschen Staaten. Nach dem Tod König Antons 1836 folgte sein Mitregent auf dem Thron (Abb. 3). Als König Friedrich August II. (1836–1854) konnte er seine Vorstellungen zum Ausbau der Dresdner Residenz 1 | Die Verfassungsurkunde des Königreichs Sachsen vom 4. September 1831, Titelblatt des Drucks.
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